No Reason for Obama to Hurry

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Kommentar

Kein Grund zur Eile für Obama

Ein neuer Chef sollte nicht zu viel Energie in die ersten 100 Tage seiner Amtszeit stecken. Für Veränderungen hat er mehr Zeit als angenommen.

Journalisten lieben Meilensteine. In 100 Tagen werden wir uns die Frage stellen, ob US-Präsident Barack Obama bis dahin erfolgreich war oder nicht. Fair ist das nicht, aber Obama weiß, wie die Welt funktioniert, und hat bereits die ersten 100 Tage des ehemaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt studiert. Obama muss einige schwere Entscheidungen treffen, wenn er loslegt – genau wie viele Unternehmenschefs. Daher haben auch sie häufig Aktionspläne für die ersten 100 Tage im Amt.

Dennoch sind 100-Tage-Pläne, wenn ein Unternehmen nicht gerade vor dem Bankrott steht, keine gute Idee.

Es gibt andere Dinge, die neue Chefs unbedingt erledigen sollten. Die amerikanischen Führungswechsel-Experten George Bradt, Jayme Check und Jorge Pedraza schreiben im Buch “The New Leader’s 100-Day Action Plan”, heutzutage müsse man bei einem Führungswechsel praktisch immer von der ersten Minute an loslegen.

Die Autoren räumen ein, dass es nicht immer nötig ist, buchstäblich sofort zu handeln. In den meisten Fällen müssen Führungskräfte nicht gleich am ersten Tag etwas unternehmen. Wie viel Zeit haben sie? “Mindestens ein paar Tage”, sagen die Autoren. Innerhalb von 30 Tagen müssten sie eine neue Strategie

ankündigen und innerhalb von 70 Tagen ein neues Team haben.

Gegen schnelle Aktionen aber spricht ein starkes Argument: Neue Führungskräfte wissen in den ersten 100 Tagen noch nicht genug. Natürlich gibt es im aktuellen Wirtschaftsumfeld Dinge, die keinen Aufschub dulden. Wenn die Bank dem Unternehmen keinen Kredit mehr gewährt, muss der Chef eine Alternative finden.

Aber sobald die Notfälle verarztet sind, müssen Führungskräfte nachdenken. Die meisten Veränderungen in Unternehmen brauchen Zeit, und bei den meisten Problemen haben die Manager deutlich mehr Zeit, als sie denken.

Neue Firmenchefs wissen erst, was nötig ist, wenn sie mit den Kunden gesprochen haben. Sie wissen erst, was das Unternehmen braucht, wenn sie mit den Beschäftigten gesprochen haben – auf allen Hierarchieebenen. Und sie wissen erst, wer zu ihrem Führungsteam gehören sollte, wenn sie gesehen haben, wie die Manager arbeiten. Am Anfang wissen neue Chefs nicht einmal, wer die wichtigsten Manager sind. Es sind nicht unbedingt die mit dem höchsten Rang.

Dies alles bedeutet nicht, dass neue Chefs in den ersten 100 Tagen untätig sein sollten. Es gibt jede Menge zu tun. Die Arbeit sollte sogar noch vor Anbruch der ersten 100 Tage beginnen. Neue Chefs sollten versuchen, sich ein Bild von der Lage zu machen, noch bevor sie ihr neues Amt antreten.

Der erste Eindruck ist entscheidend. Und es stimmt, dass alle Augen auf einen neuen Chef gerichtet sind, weil jeder herausfinden will, was der Neue wohl tut. Das heißt aber nicht, dass er es bereits wissen muss.

Man muss nicht am ersten Tag haarklein seine Pläne erläutern. Ein Manager kann auch sagen, dass er sich in den ersten Monaten einen Überblick verschaffen wird, indem er zuhört und Informationen sammelt.

Wer dies bewusst und öffentlich tut, schafft auf eigene Weise positive Erwartungen. Gegner können die Zeit nutzen, um ihren Widerstand zu formieren – das stimmt. Aber wenn der Chef nicht Bescheid weiß, haben sie noch leichteres Spiel. Wenn neue Chefs erst einmal das Unternehmen verstehen, wissen sie, welche Hebel sie in Bewegung setzen müssen und wer Veränderungen gegenüber offen oder ablehnend ist. Diese Schattenstrukturen aufzudecken, braucht Zeit.

Neue Chefs haben einen Trumpf in der Hand: Die Menschen sind ihnen in der Regel zunächst einmal wohlgesonnen, ob sie nun die Vereinigten Staaten leiten oder ein kleines Unternehmen mit 20

Mitarbeitern. Diesen Vertrauensvorschuss sollten sie nicht leichtfertig verspielen, sondern aufsparen, bis sie ihn brauchen.

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