A Little Color Wouldn’t Hurt

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Ein bisschen Farbe könnte nicht schaden

KOLUMNE VON ADRIENNE WOLTERSDORF

26.01.2009

Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn man vor dem Spiegel steht und vor sich hin denkt, dass, hm, die eigene Haut einfach nur weiß, der Vater, na ja, so halbwegs anwesend, die Oma nicht streng und prinzipientreu, sondern einfach nur lieb war und man keine Schulbesuche in Indonesien und Hawaii hinter sich hat. Das alles zusammen wäre jetzt aber die richtige Mischung. Wozu? Na, um in den U.S. and A. was Tolles zu werden, Präsident zum Beispiel, wie Obama.

Ich merke, dass wir, die wir unsere Haut immer ganz wunderbar fanden, uns plötzlich umschauen und denken, ein bisschen Farbe könnte nicht schaden. Nicht, dass das jemand so sagt, um Gottes willen. Aber es ist eine neue Farbbetrachtung im Gange, hier im Land des ersten halbweißen Präsidenten. Oder anders rum: Obamas Haut ist schwarz – und wir Weißen waren bei der Amtseinführung nur nicht schwarz – und konnten nicht ganz so happy feiern wie die Afroamerikaner.

In Washington ist es neuerdings so, dass jeder, der einlädt, auf einmal Geburtstag UND Diversität feiern möchte. Bis vor Kurzem hat nichts gefehlt, wenn wir Weißen unter uns gegrillt, gepuncht, gekocht oder gesoffen haben. In den letzten Wochen aber tauchen auf Partys Farbnuancen auf. Ja, es hat irgendwie die diskrete Suche nach schwarzen, braunen und sonst wie eingefärbten Gästen eingesetzt. Das geht dann so: “Ach, ich hab neulich die Williamsons von der Straßenecke da unten kennengelernt, ich dachte, ich lade sie auch mal ein, ihr Kind geht ja in die gleiche Schule wie unseres. Wie sich dann rausstellt, leben die Williamsons schon seit Jahren da unten an der Straßenecke, sie sind auch nicht besonders amüsant, aber sie sind irgendwie schwarz und daher dunkel genug, um die neue Ära mit ihnen zu feiern.

Da sich im weiteren Freundeskreis herumgesprochen hat, dass ich eine schwarze Bekannte habe, die alle Kriterien erfüllt, bekomme ich Einladungen, die so klingen: “Wäre toll, wenn du kommst, und sag mal, meinst du, deine Bekannt hätte auch Lust mitzukommen? Die ist doch bei diesem spannenden Verlag tätig.” Abgesehen davon, dass dieser Verlag überwiegend Kongressreden kompiliert, höre ich später, dass R., die arm, ohne Vater und aus eigener, harter Anstrengung Karriere gemacht hat, bei anderen längst ohne mich eingeladen wird.

Okay, ich bin ja nur nullachtfuffzehn weiß, denke ich und trinke samstags meinen Wein halt zu Hause. Beim Rumzappen sehe ich einen nachdenklichen Larry King (der knarrige Moderator mit den Hosenträgern), wie er einem alt gewordenen Bob Woodward (der vom Watergate-Skandal) gesteht, dass sein achtjähriger Sohn, der weiß ist, jetzt schwarz sein möchte. Und Woodward antwortet, dass seine Teenager-Tochter sagt, sie wolle jetzt Sozialarbeiterin werden – wie Obama erst auf die Superuni und dann ab auf die Straße zu den schwarzen Problemkids. Dass Obama Change bringen wird, war mir klar. Aber dass das bis ins Kinderzimmer wirken würde, habe ich nicht erwartet.

Kürzlich ruft mich eine andere (weiße) Bekannte an und berichtet, dass ihr siebenjähriger Sohn anders aufs Leben schaut, seitdem Obama Präsident wurde. Nanu, frage ich, will er auch schwarz werden? Nein, nein, Christofer plagte eine andere Identitätsfrage – nämlich die, dass er keinen Daddy hat. Der hatte sich kurz nach der Geburt verabschiedet, und der Kleine hatte seine Mom immer wieder gefragt, warum alle anderen einen haben, nur er nicht. Nun, wo Christofer in der Schule gelernt hat, dass der neue Mr President auch keinen Daddy hat, ist er kuriert. Meine Bekannte sagt happy: Er geht ganz anders, er ist viel selbstbewusster geworden. Es ist toll, er glaubt jetzt, dass er Präsident werden kann, weil er keinen Daddy hat.

Aha, überlege ich, heißt das etwa, dass alleinerzogenen Kinder in Deutschland seit Gerhard Schröder Kanzler werden wollen? Jedenfalls kann ich aus Washington nur raten: rechtzeitig deutschtürkische, afrodeutsche und sonst wie gemixte Freunde suchen – man sitzt sonst eines Samstagabends

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