GM hat den Glauben an sich verloren
von Gregor Haake (Hamburg)
31 Mrd. $ Jahresverlust, der Ruf nach Staatshilfe, eine völlig veraltete Modellpalette: Die Lage des einst stolzen Autobauers ist katastrophal. Nun muss er bei der US-Börsenaufsicht einräumen: Ein Aus ist möglich. Die Börsen stürzen ab.
Die Opel-Mutter General Motors stellt ihre eigene Überlebensfähigkeit in Frage. GM teilte am Donnerstag mit, möglicherweise Gläubigerschutz nach US-Recht anmelden zu müssen, falls der Hersteller seine Verluste nicht in den Griff bekomme. In seinem Jahresbericht für die US-Börsenaufsicht SEC schrieb der ehemalige Weltmarktführer, es gebe keine Garantie dafür, dass sich der weltweite Automobilmarkt erhole.
Außerdem habe der Wirtschaftsprüfer substanzielle Zweifel an der Überlebensfähigkeit geäußert. Gründe seien ständige Verluste im operativen Geschäft und die Unfähigkeit, ausreichend Bargeldzuflüsse zu generieren, um den laufenden finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Die eigene Zukunft hängt laut GM nun davon ab, ob der der Regierung im Februar vorgelegte Rettungsplan funktioniere: “Wenn das, aus welchem Grunde auch immer, nicht funktioniert, wären wir nicht mehr in der Lage, die Geschäfte fortzuführen und wären möglicherweise gezwungen, unter den Schutz des US-Insolvenzrechts zu schlüpfen.” Es gebe “keine Sicherheit, dass sich der weltweite Automarkt erholt oder dass er nicht noch weiter bedeutsam nachgibt”.
GM-Aktien fielen in New York zu Handelsbeginn um über 14 Prozent und zogen auch die europäischen Börsen mit nach unten.
GM hat bereits 13,4 Mrd. $ an staatlichen Notkrediten erhalten. Insgesamt fordert der Konzern 30 Mrd. $ von der Regierung. In den vergangenen drei Jahren sind 82 Mrd. $ an Verlusten aufgelaufen, davon 30,9 Mrd. $ im Jahr 2008.
Allein im vierten Quartal 2008 lag der Verlust des Herstellers aus Detroit bei 9,6 Mrd. $. Das Minus fiel damit weit höher aus, als von Experten erwartet. Der Fehlbetrag je Aktie lag bereinigt bei 9,65 $. Analysten hatten einen Verlust von 7,40 $ je Anteilsschein vorausgesagt. Der Umsatz lag im Quartal bei 30,8 Mrd. $ nach 46,8 Mrd. $ vor einem Jahr. Im Gesamtjahr stürzten die Erlöse um 17 Prozent auf 149 Mrd. $.
Nicht nur die finanzielle Lage von GM ist eine Desaster. Der größte US-Autobauer verkauft kaum noch Fahrzeuge. Im Februar setzte GM auf dem Heimatmarkt 52,9 Prozent weniger als vor Jahresfrist ab. Der Absatz neuer Lkw brach sogar um 55 Prozent ein, bei Pkw betrug das Minus 50 Prozent. Der Konzern will mit weiteren Produktionskürzungen reagieren und kündigte an, im zweiten Quartal rund 34 Prozent weniger Fahrzeuge vom Band laufen zu lassen.
GM-Chef Rick Wagoner hatte zuletzt gesagt, 2008 sei vor allem in der zweiten Hälfte ein “extrem schwieriges Jahr” für die Automärkte in den USA und weltweit gewesen. Die Bedingungen für GM und andere Hersteller seien eine Herausforderung und hätten das Management veranlasst, “weitere aggressive und schwierige Restrukturierungsmaßnahmen” zu ergreifen.
Wagoner warnte bereits mehrfach vor einer Insolvenz des Konzerns, wenn der Staat nicht spätestens Ende März neues Geld zur Verfügung stellt. Bis dahin muss der Autobauer der US-Regierung seine Überlebensfähigkeit beweisen. Zur Sanierung plant GM unter anderem weltweit den Abbau von 47.000 Stellen, die Schließung weiterer Werke und die Trennung von Konzernmarken.
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