The Dollar and Its Brethren

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Der Dollar und seine Brüder

von Jens Korte

Die meisten Amerikaner haben kein Verhältnis zu ihrer Währung. Das ist kein Wunder, da viele US-Bürger weder über einen Reisepass verfügen, geschweige denn eine Reise ins Ausland planen.

Dass die Amerikaner kein Verhältnis zu ihrer Währung haben, liegt nicht an mangelndem Interesse, sondern schlicht und einfach an den großen Entfernungen und den wenigen Urlaubstagen. “Wie, der Dollar ist schwach?”, fragt ein Mann vor der Wall Street. Na ja, der Greenback, wie der grüne Schein liebevoll genannt wird, notiert auf dem tiefsten Stand seit September 2008. Weltweit wird über die Stabilität des Dollar debattiert – nur in den USA nicht.

Doch, es bahnt sich Großes an. Eine Schar Aufständischer will im New Yorker Stadtteil Brooklyn eine eigene Währung in Umlauf bringen. Derzeit werden Designvorschläge für den “Brooklyn Torch” angenommen. Mit der Fackel aus Brooklyn kann nur in Geschäften und Restaurants bezahlt werden, die an der Aktion in dem Stadtteil teilnehmen. Ziel ist, die kommunale Konjunktur anzukurbeln.

Ganz neu sind solche Antiglobalisierungsmethoden nicht. Im Bundesstaat Massachusetts sind in einer begrenzten Region “Berkshares” (frei nach der Gegend der Berkshires) in Umlauf. In Ithaca im Bundesstaat New York, haben sich seit Anfang der 90er-Jahre über 500 Geschäfte auf die “Ithaca Hours” eingelassen. Entsprechend lauten die Scheine auf “One Hour”, “Half Hour” oder “Quarter Hour”.

Während der Greenback stetig an Wert verliert, haben Banken weltweit Statiker einbestellt. Sie sollen prüfen, ob der Boden in den Gebäuden das Gewicht der Goldbestände in den Tresoren stemmen kann. Immer mehr Investoren setzen auf die Krisenwährung Gold. In dieser Woche hat der Goldpreis die 1000-$-Marke genommen. Für die nahe Zukunft sind zwei Szenarien vorstellbar: Druckt die Notenbank weiterhin munter Geld, erhöht das die Inflationsgefahr, belastet den Greenback und treibt den Goldpreis an.

Oder: In einem Japan-ähnlichen, deflationären Umfeld könnten Anleihen attraktiver und Gold nicht ganz so gefragt sein, weil die großen Crash-Ängste ausbleiben. Da wir nicht wissen, was kommt, gibt es nur eins: auf nach Brooklyn oder Massachusetts. Fackeln und Berkshares könnten beide Szenarien überleben.

Jens Korte schreibt als Wall-Street-Korrespondent für die FTD.

Aus der FTD vom 11.09.2009

© 2009 Financial Times Deutschland

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