Fear of a “Double Dip” Recession

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Furcht vor »Double-Dip«

Von Rainer Rupp

06.10.2009

Politiker und Medien beschwören Ende der Krise. Der Internationale Währungsfonds warnt vor Risiken. Experten befürchten nach kurzer Erholung neue Rezession

Von der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und dessen Schwesterorganisation, der Weltbank, die am Wochenende in Istanbul zu Ende ging, kam die frohe Botschaft: Spätestens in einem Jahr sei die Weltwirtschaftskrise überwunden. Nach Einschätzung von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn werden die Probleme »in zehn bis zwölf Monaten hinter uns liegen«, falls die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Diese Einsicht ist etwa so tiefgründig wie die Feststellung »falls Sonne scheint, herrscht schönes Wetter«. Die Erholung der privaten Nachfrage hängt natürlich von der Entwicklung der Arbeitslosigkeit ab. Insbesondere in den USA. Dort jedoch ist das bis zum Krisenausbruch praktizierte Modell der großen Konsummaschine, die auf Pump die Weltnachfrage in Schwung hielt, irreparabel zusammengebrochen.

Das hat Ursachen. So haben die privaten Haushalte in den USA durch die Finanzkrise etwa 13 Billionen (13000 Milliarden) Dollar verloren. Jetzt sparen sogar Millionäre. Seit Anfang des Jahres gingen dort nicht nur mehr als sieben Millionen Arbeitsplätze verloren. Die Zahl derjenigen, die ihren Job verlieren, soll zudem bis Ende 2010 weiter wachsen. Landesweite Kurzarbeit und sonstige Lohnkürzungen haben die Massenkaufkraft erheblich reduziert.

Doch damit nicht genug. So stehen in den Vereinigten Staaten ein Drittel alle Hypotheken »unter Wasser«, was heißt, die Schulden sind höher als der Wert des Hauses. Die Eigentümer können so trotz steigender Immobilienpreise nicht auf eine wachsende Kreditwürdigkeit zählen – wie vor Beginn der Krise. Damals nahmen viele zusätzlich zu der Hypothek immer neue Konsumkredite auf ihre im Wert gestiege Immobilie auf.

In Europa ist die Lage zwar nicht so schlimm wie in den USA, aber an eine rasche Belebung der Nachfrage, insbesondere des privaten Konsums, ist auch auf dem alten Kontinent nicht zu denken. Da das Kaufverhalten vieler Menschen von deren Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt wird, griffen die Wirtschaftsredaktionen der Konzernmedien am Wochenende begierig die »frohe Botschaft« aus Istanbul auf und vermittelten weitgehend unwidersprochen das Bild vom Ende der Krise. Dabei hat der IWF in seinem Bericht über die anhaltenden Probleme der internationalen Finanzwirtschaft Zahlen auf den Tisch gelegt, die alles andere als eine Entwarnung für den Bankensektor darstellen.

Laut Währungsfonds hat die Krise dem internationalen Finanzsektor über 3,2 Billionen Dollar Verluste beschert. Von denen aber seien erst knapp die Hälfte abgeschrieben. Der Rest verstecke sich nach wie vor in den Bilanzen der Banken. Dort sind die Verluste derzeit nicht mehr sofort erkennbar, da im Rahmen der »Bankenrettungsmaßnahmen« auch die Bewertungsgrundlage für dubiose Papiere geändert wurde. So stehen Schrottpapiere zu ihrem total überhöhten Nominalwert in den Büchern der Finanzkonzerne, die dadurch wieder erhebliche Gewinne ausweisen und am Markt ihr Eigenkapital erhöhen können. Das Problem aber bleibt.

In der Hoffnung, den Tag der Abrechnung zu verschieben oder ihm ganz zu entgehen, setzten die Institute und die mit ihnen zusammenwirkenden Regierungen auf von Notenbanken neu generiertes Geld und überfluteten mit praktisch zinslosen Krediten den Markt. Damit wurde nicht nur das Problem vertagt, gleichzeitig eine neue Spekulationsblase aufgebläht. In einigen Bereichen der Finanzmärkte, z. B. an den Börsen und auf verschiedenen Derivatemärkten (also dort, wo Wetten abgeschlossen werden), ist dies teilweise schon sichtbar.

Gleichzeitig kann jeder neue Tag Verluste ans Licht bringen. Dazu gehört auch die aktuelle Nachricht aus der Münchner Bank Hypo Real Estate (HRE). Für deren Schulden hat bekanntlich der deutsche Steuerzahler Dank der CDU-SPD-Regierung die Bürgschaft übernommen. Jetzt meldet das Institut dringenden Bedarf nach weiteren staatlichen Finanzmitteln in Höhe von sieben Milliarden Euro an – zusätzlich zu den drei Milliarden, die bereits im HRE-Loch verschwunden sind. Inzwischen wird von einem Gesamtverlust in Höhe von 20 Milliarden Euro und mehr gemunkelt.

In den USA rechnet man derweil mit weiterem Bankensterben. Erwartet wird, daß bis Ende des Jahres insgesamt 750 kleine und große Institute verschwunden sein werden. Trotz der gigantischen Kredite, die die Zentralbanken und Regierungen in das System gesteckt haben – und deren Finanzierung in der Zukunft noch aussteht – sinkt seit einigen Monaten die im Umlauf befindliche Geldmenge wieder rapide ab. Auch die Kreditvergabe an die produzierende Wirtschaft funktioniert immer noch nicht. All das hat die Angst vor einer »Double-Dip Recession«, einer nach dem Kurvenverlauf sogenannten W-förmigen Rezession geweckt, bei der nach einer kurzen und schwachen Erhohlungsphase ein weiterer Einbruch droht. Diese Gefahr sieht auch die Bank für Internantionalen Zahlungsausgleich (BIZ), jene internationale Finanzinstitution, die die globalen Bankengeschäfte überwacht. Am 20. September warnte der BIZ-Direktor Jaime Caruana vor der »selbstgefälligen« Annahme, daß sich der Finanzsektor endgültig erholt habe.

Für IWF-Chef Strauss-Kahn gehört eine »Double-Dip Recession« zwar nicht zum bevorzugten Szenario, aber die Möglichkeit sei durchaus noch da. Daher sollten alle Regierungen ihre Konjunkturprogramme vorerst beibehalten und dann nur langsam und koordiniert zurückfahren. Nur für die US-amerikanische Notenbank Fed ist nach deren Auffassung bereits die Gefahr einer »W-Rezession« vorbei. Aber warum sollte man der Fed trauen, deren Chef Ban Bernanke noch unlängst behauptet hat, man habe die aktuelle Krise unmöglich voraussehen können?

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