Der Plan der Dilettanten
Von Stefan Kornelius
13.11.2009, 7:53
Barack Obama tut derzeit alles dafür, den Krieg in Afghanistan zu verlieren. Das Gezeter und Gezänk über die Truppenstärke entkräften die neue Strategie.
Barack Obama hatte gleich zu Beginn seiner Amtszeit Afghanistan zu seinem Krieg gemacht. Seither unternimmt er alles, um diesen Krieg zu verlieren. Sein sicherheitspolitischer Stab offenbart ein Maß an Dilettantismus, wie es leider nicht unüblich ist für die frühe Phase einer Präsidentschaft. Allerdings kann das in den verbleibenden und für Afghanistans Zukunft entscheidenden Monaten durchaus in eine Niederlage führen.
Nach der Verkündung einer neuen Strategie im März ernannte Obama im Sommer einen neuen Kommandeur – mit dem Auftrag, die gerade beschlossene Strategie auf Herz und Nieren zu überprüfen. Dieser Kommandeur, General Stanley McChrystal, schrieb eine herzhafte Analyse, die nun Grundlage sein soll für die Justierung der Strategie.
Die Taliban wird es freuen
In der öffentlichen Wahrnehmung – befeuert durch gezielte Indiskretionen des Generals, der sich seiner Machtfülle durchaus bewusst ist – wird die Entscheidung über diese Strategie auf einen Zweikampf reduziert: Genehmigt Obama 40.000 zusätzliche Soldaten, dann hat sich McChrystal durchgesetzt. Werden weniger Soldaten entsandt, dann siegt das Lager von Vizepräsident Joe Biden, das für eine Reduzierung der Mission auf Kommandoeinsätze plädiert.
In Bidens Lager findet sich nun auch der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry. Der Machtkampf von Washington setzt sich also in der Sicherheitszone von Kabul fort, was die Taliban ebenso erfreuen dürfte wie den delegitimierten Präsidenten Hamid Karsai.
Bei all dem Gezänk über die Truppenstärke geraten das eigentliche strategische Ziel und der Weg dorthin aus dem Blick. Der Plan muss sein, dass die 71.000 ausländischen Soldaten Afghanistan schnellstmöglich verlassen, ohne dass das Land anschließend im Bürgerkrieg versinkt und Pakistan von den Taliban überrannt wird. Diese Gefahren sind nicht von der Hand zu weisen.
Afghanen werden nicht besiegt, sie schlagen sich auf eine Seite
Über den Weg dorthin müsste eigentlich ebenfalls Klarheit herrschen. Drei große Entwicklungen gilt es zu beschleunigen: Erstens muss das Leben der Menschen sicherer werden, weshalb man zu deren Schutz mehr Soldaten – afghanische und internationale – benötigt.
Zweitens muss die Kabuler Regierung als Machtfaktor und faire Instanz in Afghanistan akzeptiert werden, weshalb sie unfähige und korrupte Figuren aus ihren Reihen verbannen muss. Und drittens muss ein Versöhnungsprozess mit den Taliban beginnen, weil eine Aufstandsbewegung nicht militärisch, sondern nur politisch besiegt werden kann.
In der afghanischen Geschichte wurden die meisten Konflikte allemal durch einen Wechsel der Loyalitäten beendet. Afghanen werden nicht besiegt, sie schlagen sich auf die Seite der Stärkeren, weil nur so Überleben und Auskommen garantiert sind.
Im Streit um die Strategie nach der Strategie geht es nun um die richtige Schrittfolge und deren Ausgestaltung, etwa bei der Frage der Truppenstärke. Politiker wie Gordon Brown oder Karl-Theodor zu Guttenberg haben Karsai klargemacht, dass sie von ihm Gefolgschaft im Kampf gegen Korruption und Inkompentenz verlangen.
Freilich haben sie kaum Druckmittel, weil auch Karsai weiß, dass die ultimative Strafe – Abzug aller Truppen – zwar sein Leben und seine Regierung gefährdet, aber mehr noch die Schwäche des Westens offenbart und somit in der ultimativen Niederlage der USA enden würde.
Alle Akteure müssen nun Einstimmigkeit und Geschlossenheit zeigen sowie Bereitschaft zur Ausübung massiven Drucks. Obama und sein Team werden genau beobachtet, weil ihre Entscheidung Signalwirkung hat für die letzte Phase des Einsatzes.
Es geht um eine Demonstration der politischen und militärischen Stärke, der Überlegenheit. Nur so kann die kritische Masse erzeugt werden, die Afghanen wie Alliierten Hoffnung vermittelt. Das Gezeter in Washington aber vermittelt keine Zuversicht.
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