Obama, ein echter Freund Israels
THOMAS SEIFERT
Es klingt paradox: Gerade weil Washington Jerusalem etwas härter anfasst, erweisen sich die USA als guter Partner Israels.
Tough love“ nennen es die Amerikaner, wenn man jemanden etwas härter anfasst, um ihm oder ihr längerfristig zu helfen. Das scheint nun Barack Obama mit dem engen Alliierten Israel versuchen zu wollen. In diesem Fall sieht „tough love“ so aus, dass Nahostvermittler George Mitchell mit dem Streichen von Kreditbürgschaften droht, wenn Israel nicht den Bau von illegalen Siedlungen im Westjordanland einstellt und an den Verhandlungstisch mit den Palästinensern zurückkehrt.
Nach der bedingungslosen Israel-Loyalität von George W. Bush erscheint den Regierenden in Jerusalem der Stimmungswandel in den USA recht unfreundlich. Zuletzt gaben sich Israels Konservative auch über die Gründung einer neuen proisraelischen Lobbygruppe namens „J-Street“ verstimmt, die sich dem Friedensprozess verschrieben hat und viel Verständnis für palästinensische Anliegen zeigt.
Dabei schadet Israel „tough love“ gar nicht. Obama erweist sich vielmehr als echter Freund Israels.
Echte Freunde erkennt man nämlich daran, dass sie einen darauf hinweisen, wenn man dabei ist, falsche Entscheidungen zu treffen. Echte Freunde sind die, die auch mal aufschreien, wenn man Mist gebaut hat. Und echte Freunde weisen einem den Weg aus der Sackgasse, in die man sich verrannt hat.
Israel braucht dringend echte Freunde, keine Cheerleader.
thomas.seifert@diepresse.com
(“Die Presse”, Print-Ausgabe, 11.01.2010)
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