An Evil, Evil Man

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»Ein böser, böser Mensch«

Von Knut Mellenthin

17.02.2010

Diffamierungskampagne gegen Israel-Kritiker eskaliert: US-Publizist Dershowitz nennt UN-Sonderberichterstatter Goldstone Verräter. Dies kommt Todesurteil gleich

Alan Dershowitz ist laut Internetlexikon Wikipedia »zur Zeit einer der bekanntesten US-amerikanischen Rechtsanwälte«. Seinen extremen Bekanntheitsgrad weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus verdankt der stramme Zionist freilich weniger seinen juristischen Leistungen als seinen verbalen Ausfällen jenseits rechtsstaatlicher und humanistischer Grundsätze. So plädiert er für die Anwendung der Folter nicht nur in Israel, sondern auch in den USA, und für rechtswidrige Kollektivstrafen wie das Zerstören von Häusern und ganzen Dörfern, falls dort ein Attentäter gelebt hat. Den Bewohnern sollen nur ein paar Minuten zur Flucht eingeräumt werden. Diesen Vorschlag hat Dershowitz allerdings bisher nur für die von Israel seit 1967 besetzten Palästinensergebiete gemacht.

Juden, die nicht auf seiner Linie sind, verfolgt Dershowitz mit besonderem Haß. Am vorigen Sonntag traf es den aus Südafrika stammenden Richter Richard Goldstone. Dieser hatte eine Fact-Finding-Kommission der UNO geleitet zur Untersuchung von Rechts- und Menschenrechtsverletzungen während des israelischen Kriegs gegen die Bewohner des Gazastreifens im Dezember 2008 und Januar 2009. Der im September 2009 vorgelegte Goldstone-Bericht hat in Israel und bei militanten Zionisten weltweit heftige Polemiken ausgelöst, die immer noch fortgesetzt werden. Das US-amerikanische Simon Wiesenthal Center und andere Gruppen versuchen mit einer Diffamierungs- und Einschüchterungsstrategie, öffentliche Auftritte Goldstones unmöglich zu machen.

Zurück zu Dershowitz: Am 7. Februar 2010 bezeichnete er in einem Interview mit dem israelischen Armee­rundfunk Goldstone als »bösen, bösen Menschen«, der diffamierenden Behauptungen über Israel eine Art rituelles Reinheitszeugnis ausgestellt habe. »Das wäre so«, wetterte Dershowitz, »als hätte der Zar, als er die Protokolle der Weisen von Zion schrieb, einen prominenten Juden darum gebeten, sie herauszugeben und zu unterzeichnen, um ihre Glaubwürdigkeit zu demonstrieren.«

Der interviewende Razi Barkai fragte daraufhin: »Wollen Sie damit andeuten, daß Goldstone ein ›Moser‹ ist, also jemand, der sein eigenes Volk verrät?«– Dershowitz bejahte diese Frage mit großer Entschiedenheit: »Absolut. Es gibt ein Gebet, das man jeden Tag über Leute wie ihn spricht: La-malshinim al t’hi tikvah. Er ist ein Mann, der seine Sprache, seine Worte gegen das jüdische Volk einsetzt. Ich betrachtete ihn als Freund. Jetzt sehe ich in ihm einen absoluten Verräter.«

Zahlreiche Journalisten kritisierten Dershowitz wegen dieser Reaktion. Sie wiesen darauf hin, daß der Begriff des »Moser«, der traditionell hauptsächlich einen Denunzianten und Verleumder bezeichnet, aber heute auch allgemein für angebliche Verräter am Staat Israel und an der jüdischen Gemeinschaft gebraucht wird, sowohl in geschichtlicher Sicht als auch aktuell-politisch einem Todesurteil gleichkommt. Einige einflußreiche religiöse Autoritäten Israels billigen und ermuntern explizit die Tötung eines »Moser«. Der rechtsextreme Attentäter, der am 4.November 1995 Yitzhak Rabin ermordete, berief sich zur Rechtfertigung seiner Tat darauf, daß der damalige Ministerpräsident ein »Moser« gewesen sei. Für diese Behauptung gab es viel Zustimmung aus der israelischen Rechten.

Dershowitz antwortete seinen Kritikern mit der geradezu tollkühnen Ausrede, er sei arglos in eine »Falle« getappt, die ihm Barkai absichtlich gestellt habe. Ihm sei dabei die Bedeutung des hebräischen Wortes »Moser« unbekannt gewesen. Das ist per se unglaubwürdig für jemand, der eine Jeschiwa, eine Talmudhochschule, besucht hat, fließend Hebräisch spricht und seit vielen Jahren mit der israelischen Tagespolitik bestens vertraut ist. Vollends unmöglich und lächerlich wird diese Ausrede aber durch den Umstand, daß Dershowitz sofort auswendig die Anfangszeile eines auf »Malschinim« (Verräter an der jüdischen Gemeinschaft) gemünzten, ausgesprochen unfreundlichen Gebets parat hatte, bei dem es sich um eine Verfluchung handelt, auch wenn es offiziell als »B’racha« (Segensspruch) bezeichnet wird. Der von Dershowitz zitierte Anfang lautet übersetzt: »Für Verräter soll es keine Hoffnung geben.« Das Gebet geht danach weiter: »Und alle, die Böses säen, sollen in einem Augenblick zugrunde gehen/ Und alle Feinde deines Volkes/ sollen schnell niedergemacht werden.«

Das tiefer liegende Problem hinter diesem Vorfall ist die Existenz einer politischen Kultur in Teilen des Zionismus, die mit einem sehr weit gefaßten, aggressiv vorgetragenen Verratsbegriff operiert. Diese Kultur verlangt, daß Juden – egal, wie sie sich selbst definieren – sich als bedingungslos loyale Mitglieder einer Zwangsgemeinschaft zu verhalten haben, die im Nationalismus ihren wichtigsten, unumstrittenen gemeinsamen Nenner findet. Dabei handelt es sich zudem um die extreme, dümmste Form des Nationalismus, die sich an der Parole »Right or wrong, my country!« orientiert.

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