Der unerschütterliche Humor des Joe Biden
Entweder hatte Joe Biden einfach vergessen, sein Redemanuskript zu überarbeiten, oder der US-Vizepräsident pflegt einen Humor, der auch vor diplomatischen Verstimmungen nicht haltmacht. Er sei „von der Gastfreundschaft der Israelis überwältigt“ gewesen, sagte er während seiner Rede an der Universität von Tel Aviv.
Es hatte tatsächlich etwas Überwältigendes, wie das israelische Innenministerium ausgerechnet während Bidens Besuch die Genehmigung von 1600 Wohneinheiten in Ostjerusalem bekannt gab und damit die Bemühungen der Amerikaner gefährdete, Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
Trotz des diplomatischen Zwischenfalls bemühte Biden sich in seiner Rede aber darum, das Vertrauen der Israelis in die US-Regierung zu stärken: „US-Präsident Barack Obama und ich wissen, dass wir keinen besseren Freund in der Staatengemeinschaft haben als Israel“, sagte Biden. Gern wird man in Israel auch die Versicherung vernommen haben, die USA würden eine nukleare Bewaffnung des Iran nicht zulassen. Die Islamische Republik sei in den vergangenen Jahren immer gefährlicher geworden und versuche, ihre Nachbarn und ihr eigenes Volk einzuschüchtern, sagte Biden.
Doch Biden verteilte nicht nur Streicheleinheiten, er forderte auch den sofortigen Beginn indirekter Friedensgespräche. Der Status quo in der Region sei unhaltbar, sagt Biden. Die demografische Situation mache es Israel schwer, sowohl ein jüdischer als auch ein demokratischer Staat zu sein. Vielleicht hatte der Vizepräsident am Morgen einen Blick in die englischsprachigen Zeitungen des Landes geworfen: Auf den Titelseiten wurden da die beunruhigenden Ergebnisse einer Umfrage unter israelischern Teenagern gemeldet. Demnach sind 49,5 Prozent der israelischen Gymnasiasten dagegen, dass arabische Staatsbürger die gleichen Rechte haben wie Juden. Zwar hält die Mehrheit die Demokratie für die beste Staatsform, nur scheint es große Probleme beim Demokratieverständnis zu geben.
Auch den Aufruhr um die erteilten Baugenehmigungen in Ostjerusalem ließ Biden nicht unerwähnt. Er wisse natürlich, dass die Frage des Wohnungsbaus in Ostjerusalem „ein sehr empfindliches Thema“ sei in Israel, gab er zu. Doch habe er die Entscheidung so deutlich verurteilen müssen, weil sie das Vertrauensverhältnis zwischen den Konfliktparteien weiter belaste. Manchmal könnte eben nur ein Freund schmerzliche Wahrheiten sagen. Er sei aber mit der Erklärung von Ministerpräsident Netanjahu zufrieden: Der habe ihm versichert, dass der Baubeginn für das Projekt aller Wahrscheinlichkeit nach mehrere Jahre in der Zukunft liege. „Das ist wichtig, denn es gibt den Verhandlungen die notwendige Zeit, um diese und andere Fragen zu lösen“, sagte Biden. Auch die Palästinenser hätten die Entscheidung falsch verstanden und mit einem unmittelbaren Baubeginn gerechnet.
Obwohl er um die Schwierigkeiten wisse, halte er einen Frieden im Nahen Osten für möglich. Zum ersten Mal sorge in den palästinensisch verwalteten Gebieten eine gut ausgebildete und disziplinierte Polizei für Ordnung. Sowohl der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad als auch Präsident Mahmud Abbas seien „echte Partner für den Frieden“, sagte er.
Dennoch ist wohl davon auszugehen, dass der nächste Konflikt nicht lange auf sich warten lassen wird. Laut Informationen der Zeitung „Ha’aretz“ befinden sich 50.000 neue Wohneinheiten in Ostjerusalem in unterschiedlichen Planungsstadien, der größte Teil davon in soll in jüdischen Vierteln entstehen. Die Palästinenser fürchten, dass die Umsetzung dieser Pläne die zukünftige Teilung Jerusalems erschweren würde. Denn die Expansion der jüdischen Stadteile, die sich wie ein Ring um den arabischen Osten der Stadt ziehen, verhindert nicht nur das Wachstum der umzingelten arabischen Viertel sondern trennt die auch Wunschhauptstadt der Palästinenser von ihrem zukünftigen Staatsgebiet. Zudem bauen jüdische Siedlerorganisation heute auch vermehrt in arabischen Vierteln.
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