Russian Whirlwind with a Good Nose

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Russischer Wirbelwind mit Spürnase

von Frank Herrmann | 02. Juli 2010, 18:30

Wie leicht sich Anna Kuschtschenko enttarnen ließ, muss Spionen alter Schule die Schamröte ins Gesicht getrieben haben

Anna Kuschtschenko lebte gern in New York. Das hohe Tempo der Stadt schien ihr nichts auszumachen. Im Gegenteil. Ein Bekannter meint, er habe sich gar nicht vorstellen können, dass dieser Wirbelwind überhaupt noch Zeit fand fürs Spionieren. “Sie hat doch rund um die Uhr gearbeitet”, sagt Artur Welf, russischer Journalist. Wie es oft ist bei solchen Geschichten: Dichtung und Wahrheit verweben sich. Während Boulevardblätter von der Femme fatale schreiben, die Männern in Nachtklubs den Kopf verdreht, stellt das Business-Magazin Forbes die Immobilienambitionen der Russin heraus.

Nachbarn und Geschäftspartner in Manhattan kannten sie als Anna Chapman. Alex Chapman hieß der britische Psychologiestudent, den sie 2002 heiratete. Die Ehe zerbrach bald. Anna hatte früher gesagt, sie möge Amerikaner nicht. Später schwärmte sie, Amerika sei ein wirklich freies Land. Es sei kinderleicht, mit erfolgreichen Menschen in Kontakt zu kommen – anders als in Moskau, wo man von vornherein zur High Society gehören müsse.

Immer mittwochs setzte sich die hübsche Diplomatentochter in ein Café, stellte am Laptop ihr privates Drahtlosnetzwerk her und wartete auf ihren Agentenführer, um ihm verschlüsselte Informationen zuzubeamen. Dass die 28-Jährige keine echten Geheimnisse knackte, darf man bei der Lektüre bisheriger FBI-Protokolle vermuten. Wie leicht sie sich enttarnen ließ, muss Spionen alter KGB-Schule die Schamröte ins Gesicht getrieben haben.

Ein Undercover-Polizist, der sich als Mann vom russischen Konsulat ausgab, verabredete sich mit der Schönen. Kuschtschenko nahm von ihm einen gefälschten Pass entgegen und gab ihm ihr Notebook zur Reparatur. Wer sich so naiv verhalte, sagt ihr Anwalt, könne nur unschuldig sein.

Jedenfalls ist vorerst wohl Schluss mit dem Weltenbummeln. Einen Teil ihrer Kindheit verbrachte die “Mata Hari aus Moskau”, wie die Yellow Press sie nennt, im kenianischen Nairobi, wo ihr Vater an der russischen Botschaft arbeitete. Nach dem Ökonomiestudium in Moskau zog sie nach London, heuerte bei einem Hedgefonds an, arbeitete kurz bei einer Bank und startete eine Immobilien-Website. Seit drei Jahren wohnte sie in Manhattan – und schien kurz vor Ultimo etwas zu geahnt zu haben. Beim Kauf eines Handys, wenige Stunden vor der Festnahme, gab sie für den Vertrag als Adresse “99 Fake Street” (“Schwindel-Straße Nr. 99”) an.

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