To the Super Rich: Followthe Americans’ Example

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Spendable Milliardäre

Superreiche, nehmt Euch ein Beispiel an den Amis

Kommentar – Im Vergleich zu den spendablen US-Milliardären sitzen viele wohlhabende Deutsche auf ihren Brieftaschen. Superreiche wie Bill Gates leben uns die kollektive Verantwortung vor, die hierzulande fehlt.

Hundert Mrd. Dollar – nahezu genau so viel kostete es die USA nach heutigem Geldwert, zum Mond zu fliegen. Als Neil Armstrong am 20. Juli 1969 als erster Mensch den Erdtrabanten betrat, fing Bill Gates , damals noch keine 14 Jahre alt, gerade an, sich mit Computern zu beschäftigen. 40 Jahre danach dürfte er weltweit erheblich bekannter sein als alle Apollo-Astronauten zusammen – und vor allem weit wohlhabender. Jetzt hat er gemeinsam mit der Investorenlegende Warren Buffett die Kampagne The Giving Pledge gestartet: Superreiche sollen das Versprechen abgeben, große Teile ihres Vermögens zu spenden. Zusammengekommen sind ersten Meldungen zufolge bereits 100 Mrd. Dollar.

In den USA ist es schon lange gute Sitte, andere am Ergebnis des persönlichen “Pursuit of Happiness” teilhaben zu lassen. Und so steht Bill Gates nicht nur auf den Ranglisten der reichsten Menschen der Welt weit vorn, sondern auch in der Kategorie “Wer gibt am meisten?”. Etwa 27,5 Mrd. Dollar hat er bereits für gemeinnützige Zwecke aufgebracht. Wichtiger noch als die schiere Summe ist das Ziel, seinen Erben fast sein gesamtes auf mehr als 50 Mrd. Dollar

geschätztes Vermögen vorzuenthalten: Lediglich 0,02 Prozent davon sollen seine Kinder bekommen. Damit gibt der Microsoft -Gründer ein Beispiel für die amerikanische Sitte, sich als Philanthrop regelrecht zu “entreichern”. “Die größte Auszeichnung für einen Philanthropen ist es, wenn der Scheck vom Beerdigungsinstitut zurückkommt, weil er nicht gedeckt ist”, fasst der New Yorker Bürgermeister und Milliardär Michael Bloomberg diese Kultur zusammen.

In Deutschland dagegen wird meist nur mit kleiner Münze gegeben. Im Verhältnis zum Gesamtvermögen ihrer Gründer sind hierzulande viele Stiftungen – ein probater und immer öfter beschrittener Weg, Gutes zu tun und sich nebenbei vielleicht auch ein Denkmal zu setzen – nur mit geringem Kapital ausgestattet.

Interessanterweise spielt diese Relation in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. In der werden so herausragende Beispiele wie die SAP -Gründer Dietmar Hopp , Hasso Plattner und Klaus Tschira , die jeweils fast ihre gesamten Milliardenvermögen in Stiftungen eingebracht haben, im selben Atemzug genannt mit den Erben von Familienunternehmen, die nur einen Bruchteil des ihnen zugefallenen Nachlasses gestiftet haben.

Gesellschaftlicher Dank und öffentliche Anerkennung werden Letzteren trotzdem im gleichen Maße zuteil. Sicherlich: Gerade staatliche Auszeichnungen, die Vergabe von Orden und Ehrungen, ist ein rein reaktives Geschäft. Daher bekommen, wie fast überall in politischen Kontexten, häufig die am meisten, die am lautesten “Hier!” schreien. Ungerechtigkeiten bleiben da nicht aus, und vieles auszeichnungswürdige Engagement bleibt unerkannt.

An der philanthropischen Basis kommt daher wenig an. Dabei ist für den Zustifter einer Bürgerstiftung die normalerweise geforderte Mindesteinlage von 500 Euro meist schwerer zu verkraften als ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag für eine Unternehmenserbin mit einem Milliardenvermögen. Deren Engagement soll nicht gemindert werden. Doch wäre es

besonders in Zeiten wachsender Ungleichheit wichtig, wenn noch mehr Wohlhabende große Teile ihres Vermögens für das Gemeinwohl nutzen würden.

Gates, Buffett und andere Vorbild

Mit der von Bill Gates, Warren Buffett und anderen vorexerzierten Kultur kollektiver Verantwortung könnte auch bei uns vieles zum Guten gewendet werden. In der deutschen Sprache gab es einmal den schönen Begriff “Solidargemeinschaft”, der sich übrigens kaum ins Englische übersetzen lässt. Leider ist der Ausdruck mittlerweile politisch so eindeutig verortet, dass man sich scheut, ihn auszusprechen – gerade gegenüber Menschen, die viel geben könnten und zumeist nicht im linken Lager zu finden sind.

Dabei haben selbst die Wirtschaftswissenschaften längst erkannt, dass das Modell des Homo oeconomicus ergänzungsbedürftig ist; materieller Reichtum hat einen individuellen Grenznutzen, Konsum und Überfluss machen Menschen nicht glücklicher. Daher liegt es im wohlverstandenen Eigeninteresse eines jeden, abzugeben, teilhaben zu lassen, sich zu engagieren. Und das Schöne am Modell der US-Milliardäre ist, dass sie selbst bestimmen, wofür sie geben, wie sie sozial investieren.

Das kann Vorbild selbst für Menschen sein, die nichts Materielles zu verteilen haben. Denn der Begriff “Vermögen” ist umfassend zu verstehen. Jeder Einzelne vermag etwas zu tun, und zum Vermögen zählen auch Zeit und Ideen. Wir alle sind gefordert, nicht nur die Superreichen, deren mangelndes Engagement gern dazu genutzt wird, sich für nicht zuständig zu erklären.

Doch wie lautete noch der Satz von Neil Armstrong, als er den Mond betrat? “Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.” Wandeln wir ihn ab: Sich zu engagieren ist nur ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für eine gute Zukunft unserer Gesellschaft.

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