Der Bush-Clan schielt auf das Weiße Haus
Von Ansgar Graw
06.09.10
Die Wähler schließen Frieden mit Ex-US-Präsident George W. Bush. Ein Grund mehr für Bruder Jeb, eventuell gegen Obama anzutreten.
Jeb Bush ist ein talentierter Politiker. Das zumindest wird in den Vereinigten Saaten über die Parteilager hinweg anerkannt. Aber der vormalige Gouverneur von Florida ist nun einmal auch der Bruder von George W. Bush. Und das Image des ehemaligen Präsidenten schien durch den Wall-Street-Kollaps und die Kriege in Afghanistan und vor allem im Irak dermaßen verdunkelt, dass der Journalist und Bestsellerautor John Heilemann („Game Change“) über Jeb Bush sagte, er sei in seiner Partei „ohne jede Frage der klare Favorit“ für die Präsidentschaftswahl 2012, „wäre da nicht der Familienname“.
Doch das Sympathiedefizit des George W. Bush nimmt ab – und eröffnet Spekulationen darüber, ob nach dem Vater und dem älteren Bruder erneut ein Bush für das Weiße Haus kandidieren wird. Ausgerechnet in Ohio, dem Bundesstaat, den Barack Obama 2008 gewann, wünschen sich die Wähler dessen Vorgänger zurück. Bei einer Umfrage des renommierten Instituts Public Policy Polling (PPP) sagten 50 Prozent, sie sähen lieber George W. Bush als Präsidenten. Für Amtsinhaber Obama entschieden sich nur 42 Prozent. Bei den unabhängigen Wählern führt Bush mit 44 zu 37 Prozent. Sogar elf Prozent der Demokraten votierten für ihn. Nur drei Prozent der Republikaner sprachen sich für Obama aus.
Jeb Bush, der Lieblingssohn
Ohio ist die USA als Mikrokosmos. In dem so genannten „Swing State“ liegen die Wählerschaften von Demokraten und Republikaner ungewöhnlich dicht beieinander. Und die Ergebnisse dort besitzen Aussagekraft fürs ganze Land: 2004 spiegelte sich in dem Staat im Nordosten der Sieg von George W. Bush über John Kerry ebenso wider wie 2008 der Triumph von Obama über John McCain.
Der 57-Jährige Jeb Bush gilt als der Lieblingssohn von George H.W. Bush. Der 41. US-Präsident (1989 bis 1993) habe sich den begabten Jeb als Nachfolger gewünscht, wird hartnäckig gestreut. Dass dann aber sein sieben Jahre älterer Sohn George W. Bush der 43. Präsident (2001 bis 2009) wurde, schien Beobachtern als der illegitime Putsch der Rücksichtslosigkeit über die Intelligenz. John Ellis „Jeb“ Bush wurde 1999 zum Gouverneur von Florida gewählt. Der gebürtige Texaner ist der erste Republikaner, der in diesem Amt bestätigt wurde. Und er ist der erste Gouverneur überhaupt, der in Florida die von der Verfassung auf zwei Legislaturperioden limitierte Amtszeit auch bis zum Ende ausgeübt hat. Von der Politik wechselte Jeb Bush vor drei Jahren in die Wirtschaft. Er ist in der Unternehmensberatung, in der Holzwirtschaft und im Immobiliengeschäft aktiv.
Jeb Bush, der an der University of Texas Lateinamerika-Studien mit Auszeichnung abschloss und zwei Jahre für eine texanische Bank in Venezuela arbeitete, vertritt in der hochemotionalen Einwanderungsdebatte einen durchaus moderaten Standpunkt. Das harte Einwanderungsgesetz Arizonas lehnt er ab. Auch wegen derartiger Positionen unterstützte die hispanische Minderheit Floridas den fließend spanisch sprechenden Gouverneur. Schwarze Wähler goutierten seine Initiativen zur Stärkung der öffentlichen Schulen und für eine Gesundheitsreform. Mit seiner Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen und der Befürwortung der Todesstrafe bewegt sich der einstige Anglikaner, der 1995 zum Katholizismus konvertierte, gleichwohl im sicheren Terrain des republikanischen Parteiprogramms.
„Ich werde nicht als Präsident kandidieren“, versicherte Jeb Bush unlängst dem konservativen Fernsehsender Fox. Aber er schränkte schon vor einem Jahr ein, er habe „derzeit“ nicht die luxuriöse Situation, alles auf eine Bewerbungskampagne ausrichten zu können. Seitdem hat sich die Situation seiner Partei, der er als einflussreicher Spendensammler verbunden ist, nicht verändert. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftsprobleme ließen den Stern Obamas verblassen, aber den Republikanern fehlt weiterhin ein überzeugender Herausforderer.
Er gilt als republikanischer Joker
Tim Pawlenty, 49-Jähriger Gouverneur von Minnesota, und Mitt Romney, der 63-Jährige Ex-Gouverneur von Massachusetts, finden nur begrenzten Rückhalt. Newt Gingrich, einst Sprecher des Repräsentantenhauses, wäre im Wahljahr 2012 immerhin 69. Und der meinungsstarken Sarah Palin wird allgemein die Amtsbefähigung abgesprochen. Darum gilt Jeb Bush als Joker für den Fall, das kein Mitbewerber pünktlich aus dem Startblock kommt.
„Für Barack Obama stellt der hispanische Gürtel von Florida bis zum südwestlichen Kalifornien die Brandschutzmauer dar“, sagte Simon Rosenberg, Stratege der Demokraten, der „Huffington Post“, „und es gibt nur einen Republikaner, der diese Brandschutzmauer durchbrechen kann. Das ist Jeb.“
Sollte 2012 aber doch ein anderer Republikaner antreten, muss die Bush-Dynastie in der US-Politik trotzdem nicht beendet sein. Jeb Bush, seit 1974 mit der Mexikanerin Columba Garnica Gallo verheiratet. Er hat drei erwachsene Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.
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