Without Panic

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Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die in Frachtflugzeugen in Großbritannien und Dubai gefundenen Paketbomben auf die Reise in die USA geschickt wurden, um kurz vor der amerikanischen Kongresswahl morgen ein Thema in Erinnerung zu rufen, das man dort fast schon vergessen hatte. Im aktuellen US-Wahlkampf spielt die Terrorangst kaum noch eine Rolle. Dort geht es um wirtschaftliche Sorgen, die hohe Arbeitslosigkeit, die Furcht vor einem dauerhaften Niedergang Amerikas. Kurz: Amerika beschäftigt sich mit sich selbst, es blickt nach innen.

Im vergangenen Jahrzehnt war das oft anders. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 war der “Kampf gegen den Terror” zwischen New York und San Francisco lange das beherrschende Thema schlechthin. Zwei Kriege haben die USA in seinem Namen geführt, in Afghanistan und im Irak. Ob das richtig war oder nicht, ob Guantanamo und Folter sein mussten oder nie hätten sein dürfen – darüber wurde leidenschaftlich gestritten.

Noch vor zwei Jahren bei der Präsidentschaftswahl waren all das wichtige Themen, auch wenn die Rezession und große Finanzkrise sie schon damals in den Hintergrund drängten. Doch Barack Obamas kometenhafter Aufstieg war nur zu verstehen vor dem Hintergrund seiner Haltung zum Irakkrieg, den er früher als andere kritisierte.

Viele in den USA verstanden seinen Triumph 2008 nicht bloß deshalb als Zäsur, weil zum ersten Mal ein schwarzer Präsident ins Weiße Haus einzog. Amerika schien sich eben auch endgültig aus der Angststarre nach 9/11 zu lösen. Wie immer man nach zwei Jahren die durchwachsene Regierungsbilanz des 44. Präsidenten der USA bewerten mag: In diesem Punkt hat Obama ganze Arbeit geleistet.

Im US-Bewusstsein hat ein Wandel stattgefunden. Der Umgang mit der ja unverändert sehr realen Terrorgefahr wurde rationaler. Es geht in der sicherheitspolitischen Debatte heute um konkrete Maßnahmen gegen konkrete Bedrohungen. Der von Obama eingeleitete Rückzug aus dem Irak, wo Al Qaida erst seit dem US-Einmarsch 2003 sein Unwesen trieb, ist weitgehend unumstritten. Auch über den Militäreinsatz in Afghanistan wird jetzt offen diskutiert.

Es reicht nicht mehr, Osama bin Laden in eine Reihe mit Hitler und Lenin zu stellen, um Amerika auf Kriegskurs zu zwingen. Dies ist auch das Verdienst einer unaufgeregten Anti-Terror-Politik der Regierung Obama. Die schwierige Balance zwischen Wachsamkeit und Panikmache fiel auch diesem Präsidenten nicht immer leicht. Nach dem versuchten Anschlag auf ein Flugzeug im Dezember über Detroit wurde Obama kritisiert, weil er drei Tage im Urlaub über den Vorfall schwieg. Diesmal trat er früh vor die Kameras, ohne in Alarmismus zu verfallen.

Wenn Terroristen jetzt in immer kürzeren Abständen wieder die USA – und womöglich Europa – ins Visier nehmen, muss das nicht heißen, dass die Terrorgefahr wächst. Womöglich sehnt sich manch Dschihadist einfach nach den guten alten Tagen, in denen er die ganze Welt furchtsam in Atem hielt.

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