Politische Kompromisse sind in den USA gefragt, aber kaum abzusehen.
Am Tag eins nach den Midterm-Wahlen beginnt gewöhnlich der Kampf um die nächsten Präsidentenwahlen. Nach der gewaltigen Niederlage, die Amerikas Wähler ihrem Präsidenten und der demokratischen Mehrheit im Kongress bescherten, wird Obama zu tun haben, seinen Job auch noch eine zweite Amtszeit lang zu behalten. In den kommenden zwei Jahren muss der nun deutlich geschwächte Präsident Resultate liefern. Resultate, die sich angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Kongress viel schwerer und wenn überhaupt, dann nur durch Kompromisse mit den politischen Gegnern erzielen lassen werden.
Was Obama entgegenkommt: Auch John Boehner, demnächst als Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus mächtigster Republikaner im Land, wird seinen Job behalten wollen. Das kann er kaum, wenn er sich gegen jedes Vorhaben Obamas querlegt und damit früher oder später den Unmut jener Amerikaner auf sich ziehen wird, die sich endlich Lösungen für ihr von der Wirtschaftskrise gebeuteltes Land erwarten.
Gratwanderung
Die Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und dem geteilten Kongress – republikanisches Repräsentantenhaus, demokratischer Senat – gleicht einer Gratwanderung. Keine unmögliche, das haben vor Barack Obama schon Ronald Reagan und Bill Clinton bewiesen. Doch anders als seine Vorgänger steht Obama vor schwierigeren Bedingungen: Er hat die USA durch die größte Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren zu führen. Und er hat es mit der ultra-konservativen Tea Party zu tun, die sich nach dem Sieg mehrerer Kandidaten im Kongress als politische Kraft etablieren wird. Konstruktive Vorschläge, Kompromisse, feines politisches Handwerk sind von ihr nicht zu erwarten. Dabei ist es den radikalsten “Tee-Kochern” zum Glück erst gar nicht gelungen, in den Kongress einzuziehen. Selbst ernannte “Missionarinnen für Gott” (Sharron Angle) oder Haudraufs wie Joe Miller, der lästige Journalisten in Handschellen abführen ließ, empfinden auch die meisten Amerikaner als unzumutbar.
Vielmehr zieht es die meisten US-Wähler in die politische Mitte, auch wenn diese nach den kurzen Jahren des demokratischen Überschwangs im traditionell konservativen Amerika wieder nach rechts rückte.
Von hier und nicht von Extremisten, die den Staat am liebsten auf ein Skelett schrumpfen würden, erwartet sich die Mehrheit der Amerikaner Antworten, Lösungen, Jobs und Aufschwung. Vor allem aber die zuletzt verloren gegangene Zuversicht, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten endlich wieder vieles möglich ist.
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