Musste es erst zu der furchtbaren Bluttat von Arizona kommen, damit Aufrufe zur politisch-rhetorischen Abrüstung in Amerika wieder eine Chance haben, gehört zu werden? Ob sie Wirkung zeigen, hängt nicht zuletzt von Präsident Obama ab.
Die Flaggen auf halbmast, eine Minute des Schweigens – Amerika trauert um die Opfer eines Gewaltverbrechens, das die Nation erschüttert, entsetzt und getroffen hat. Ein offenbar geistig verwirrter junger Mann hat ein Massaker angerichtet, weil er eine Abgeordnete des amerikanischen Repräsentantenhauses ermorden wollte. Eine nationale Tragödie hat Präsident Obama das genannt. Er und die führenden Leute des Kongresses haben zu Einheit, Einkehr und Besinnung aufgerufen. Musste es erst zu der furchtbaren Bluttat von Arizona kommen, damit Aufrufe zur Besinnung und zur politisch-rhetorischen Abrüstung überhaupt wieder eine Chance haben, gehört zu werden?
Es ist bezeichnend für den Zustand der amerikanischen Politik, dass die Suche nach den vermeintlich Schuldigen sofort mit unversöhnlicher Heftigkeit einsetzte, ohne dass die selbsternannten Ankläger auch nur die leiseste Ahnung von dem Täter und seinen mutmaßlichen Motiven hatten. Für die Linke ist die Sache schon jetzt klar: Der Mann, der ein College verlassen musste, weil die Lehrer schon mit dem Schlimmsten rechneten, und den die Musterungsbehörde nicht annahm, sei von der republikanischen Rechten und deren Heldin Sarah Palin inspiriert worden. Angefeuert habe ihn die aggressive Antistaatsrhetorik. Führte das direkt zum Mordanschlag auf die demokratische Abgeordnete Gabrielle Giffords? Kurzschlüsse dieser Art werden dem politischen Klima nicht das Gift entziehen. Dieses Gift ist über die Jahre immer stärker geworden. Jeder Präsident wollte sich in den vergangenen Jahrzehnten um die Zivilisierung der politischen Auseinandersetzung bemühen – am Ende war die politische Konfrontation schärfer als zuvor. Und der Hass ist gewachsen; hier stehen sich die beiden Lager in nichts nach, selbst wenn auf der harten Rechten der Übergang zum Extremismus hier und da fließend ist. Und natürlich gibt es in einem bestimmten Milieu eine „Tradition“ der Gewalt und eine Ideologie, welche diese heroisiert.
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