Der Auftrag für Boeing ist ein Sieg der Lobbyisten
Von Jens Hartmann
25.02.2011
Obwohl Airbus das bessere Tankflugzeug für das Pentagon anbot, hatte das Unternehmen nie eine Chance gegen den Rivalen Boeing.
Die Empörung war vorherzusehen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle schloss „mögliche weitere Schritte und Konsequenzen“ nicht aus. Bei Peter Hintze, dem Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, blieb ein „bitterer Nachgeschmack“. Er fragte, ob es tatsächlich ein „faires Verfahren“ gegeben habe.
Ähnlich skeptisch, vermutlich deutlich emotionaler, hätten wohl amerikanische Politiker und die amerikanische Öffentlichkeit reagiert, hätte das Pentagon beim größten Auftrag in der Luftfahrtgeschichte nicht das US-Unternehmen Boeing, sondern den europäischen Gegner Airbus zum Sieger erklärt.
Die Skepsis ist verständlich, schließlich hat der 35-Milliarden-Dollar-Auftrag für eine neue Flotte von Tankflugzeugen eine lange Vorgeschichte. Da war in früheren Etappen Korruption im Spiel, für einige Spieler endete die Ausschreibung gar hinter Gittern, einen Boeing-Chef kostete der Skandal den Job.
Nun, im dritten Anlauf, hat die US-Luftwaffe für Boeing votiert. Boeing nutzte damit seinen Heimvorteil als Haus- und Hoflieferant des Verteidigungsministeriums. Es muss nun wirklich niemanden überraschen, dass die US-Luftwaffe auch künftig ihre Flugzeuge von einem US-Konzern bauen lassen will. Schließlich war es schon immer so. Da nutzte es nichts, dass Airbus fast 50.000 neue Jobs in den USA versprach und sich in Werbespots betont amerikanisch gab. Boeing tat dasselbe.
Die Auftragsvergabe ist ein Beweis dafür, dass es bei Rüstungsgeschäften nicht nur darum geht, wer das beste Produkt im Angebot hat, sondern auch, wer im Land des Auftraggebers die stärkeren Lobbyisten sitzen hat. Eines der Argumente dabei ist stets, es sei unpatriotisch, nicht beim einheimischen Hersteller zu ordern. Egal ob der ein konkurrenzfähiges Angebot vorlegt oder nicht.
Natürlich wurde eine Chance verpasst, die transatlantische Partnerschaft zwischen Europa und den USA zu stärken, indem der amerikanische Rüstungsmarkt ein Stück weit geöffnet wird. Das Pentagon hätte, indem es Airbus zum Sieger gekürt hätte, unter Beweis stellen können, dass man einen Paradigmenwechsel bei der Vergabe von Militäraufträgen vornimmt. Allerdings mit der Konsequenz, dass ihm Applaus jenseits des Atlantik, zuhause aber die öffentliche Empörung sicher gewesen wäre.
Natürlich sieht ein faires Vergabeverfahren anders aus. Denn wenn man nur nach den Qualitäten des angebotenen Fliegers gegangen wäre, hätte man sich wohl für den KC-45 von Airbus entscheiden müssen. Das Tankflugzeug wird bereits von mehreren Streitkräften erfolgreich genutzt, ist erprobt und bietet bessere Leistungsparameter.
Boeing hingegen ging mit einem Flieger ins Rennen, der noch nicht einmal fliegt. Da klingt es ambitioniert, wenn Boeing-Topmanager Jim Albaugh behauptet, er werde die Tanker fristgerecht und zum vorgegebenen Preis liefern. Doch Rüstungsaufträge, bei denen es oft um hohe Milliardenbeträge geht, gehorchen anderen Gesetzen als der Logik des freien Marktes.
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