USA ringen sich zu Unterstützung der Resolution durch
Gaddafis brutales Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung habe “keine andere Wahl” gelassen, so Clinton. Zuvor hatten die USA lange gezögert.
Lange hatte die westliche Führungsmacht gezögert. Vor der Abstimmung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen signalisierte Washington dann aber doch seine Unterstützung für eine Flugverbotszone in Libyen.
„Präsident Obama war immer sehr eindeutig: Gaddafi muss gehen“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. „Wenn man einen Staatschef hat, der Söldner rekrutiert und ihnen ein- oder zweitausend Dollar pro Tag zahlt, gerät die Opposition, unabhängig von ihrer Größe, in den Nachteil.“ Weil Gaddafi bereit sei, „sein eigenes Volk zu bombardieren“ und die Opposition keine Waffen besitze, um sich dagegen zu schützen, unterstützten die USA den UN-Sicherheitsrat in dem Ziel, „zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, darunter eine No-Fly-Zone“. Verlangt wird in der Resolution ein sofortiges Ende jeglicher Gewalt.
Die am Freitag prompt folgende Versicherung von Libyens Außenminister Moussa Koussa, Tripolis werde sich als UN-Mitglied „gezwungenermaßen“ dem Beschluss beugen und alle Kampfmaßnahmen sofort einstellen, schien den Sicherheitsrat zu bestätigen.
Obama konferiert mit Nationalem Sicherheitsrat
Zuvor hatten Paris und London einen raschen Beginn militärischer Maßnahmen gegen das Regime zur Durchsetzung des Flugverbots angekündigt. Das Pentagon ließ hingegen noch offen, ob und in welcher Form sich Washington daran beteiligen würde. In der Region sind amerikanische Awacs-Flugzeuge und die beiden Landungsboote „Kearsarge“ und „Ponce“ stationiert. Den Einsatz von Bodentruppen schließt die Resolution aus. Nach der UN-Abstimmung konferierte Obama mit seinem Nationalen Sicherheitsrat.
Nicht einmal eine Stunde lang hatten UN-Diplomaten am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat in New York über die von Frankreich, Großbritannien und dem Libanon beworbene Resolution 1973 diskutiert. Sie fordert in 29 Punkten militärische Maßnahmen zur Unterbindung des Flugverkehrs über dem nordafrikanischen Land und verschärfte Sanktionen. Zehn Mitglieder stimmten dem Papier schließlich zu, das sich auf Kapitel 7 der UN-Charta und dort vorgesehene Maßnahmen im Falle der „Bedrohung des Friedens, des Bruchs des Friedens und Handlungen der Aggression“ beruft.
Es gab keine Gegenstimmen. Aber im mächtigsten Entscheidungsorgan der Weltgemeinschaft enthielten sich die ständigen Mitglieder China und Russland und die derzeitigen Mitglieder Brasilien, Indien und Deutschland.
Amerika will weiteren Waffengang in muslimischer Welt verhindern
Auch die USA hatten zunächst militärischen Maßnahmen abgelehnt. Ließ Präsident George W. Bush die USA nach dem 11.September 2001 oft eigenmächtig handeln und die Verbündeten dann wählen, „entweder auf unserer Seite oder auf der der Terroristen zu stehen“, ist Obama um eine international abgestimmte Sicherheitspolitik bemüht.
Zwei Kriege führt Washington bereits in muslimischen Ländern. Der Kampfeinsatz im Irak ist nur offiziell, nicht aber faktisch beendet. Das Kontingent in Afghanistan wurde im vergangenen Jahr erneut erhöht, aber schon in diesem Jahr soll der Rückzug erster Einheiten beginnen. Einen weiteren Waffengang will Barack Obama, der sich den Ausgleich mit der islamischen Welt auf die Fahnen geschrieben hat, unbedingt verhindern.
Auch jeder Eindruck, die USA sei ein Stimmungsmacher für militärische Maßnahmen gegen die Regierung in Tripolis, sollte vermieden werden. Mutmaßlich ist man daher im Weißen Haus diesmal sogar zufrieden mit der Reaktion aus dem feindseligen Teheran. Iranische Regierungsvertreter begrüßten den UN-Plan zur Durchsetzung des Flugverbots und warfen Gaddafi Verbrechen gegen Zivilisten und gegen den Islam vor.
Zwei Fakten stimmten die USA um
Entscheidend für die späte Unterstützung der Resolution durch die USA waren zwei Faktoren. Zum einen verstörten die (in ihren Details bislang kaum zu überprüfenden) Bilder und Informationen im Internet und im Fernsehen über die Härte des militärischen Vorgehens gegen die Aufständischen. Die Kompromisslosigkeit des Gaddafi-Regimes kollidierte mit dem Selbstverständnis der USA, auf der Seite der Menschen zu stehen, die gegen Diktatoren und für Freiheit aufbegehren. „Gaddafi hat uns keine andere Wahl gelassen“, kommentierte Clinton und wiederholte die Forderung, der Diktator habe aus dem Amt zu scheiden.
Realpolitisch entscheidend für den Stimmungswandel in der US-Administration aber war die Unterstützung der Arabischen Liga für die Einrichtung der Flugverbotszone. Die Rolle dieser Organisation wird in der Präambel wie im Text der Resolution mehrfach betont. Der UN-Botschafter von Libanon, dem derzeit einzigen arabischen Staat im Sicherheitsrat, Nawaf Salam, hatte die Sitzung beantragt, und er informierte hinter verschlossenen Türen die Mitglieder des Gremiums über die Entscheidung der Liga vom Samstag, eine Flugverbotszone zu unterstützen.
Der Vertreter der Arabischen Liga bei den Vereinten Nationen, Yayha Mahmassani, deutete nach der Abstimmung an, dass die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar notwendige militärische Maßnahmen unterstützen würden.
Russland bemängelt ungeklärte Fragen
Washingtons Skepsis gegenüber jedem westlichen Waffeneinsatz in der Region schien vor der Abstimmung noch einmal Bestätigung zu erfahren. Denn in ihrer Entschließung, in der die Arabische Liga das Flugverbot forderte, lehnte sie andererseits jede „fremde Einmischung“ ab. Diplomaten verlangten Aufklärung über diesen zumindest rhetorischen Widerspruch. Auf welche Weise beredsamen Arabern die Beschwichtigung gelang, ist nicht überliefert.
China und Russland stehen militärischen Maßnahmen gegen Tripolis ebenfalls ablehnend gegenüber, beschränkten sich aber immerhin – wie Indien, Brasilien und Deutschland – auf eine Enthaltung. Der Sprecher des Pekinger Außenministeriums, Jiang Yu, hatte bereits Mitte der Woche deutlich gemacht, aus chinesischer Sicht solle es bei der Sicherheitsrats-Resolution 1970 vom 26. Februar bleiben, in der Wirtschaftssanktionen, ein Waffenembargo und Reiseverbote gegen Gaddafi, seine Familie und hochrangige Vertreter des Regimes beschlossen worden waren.
Der russische UN-Botschafter Witali Churkin hatte am Montag bemängelt, zu viele Fragen seien ungeklärt. „Wenn es eine Flugverbotszone gibt, wer wird sie einrichten? Wie wird sie umgesetzt? Leider haben die maßgeblichen Befürworter dieses Vorschlags diese Fragen nicht beantwortet“, so Churkin.
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