Talking and Fighting in Afghanistan

 

 .
Posted on June 21, 2011.

<--

Es sind die Nachrichten nur eines Wochenendes: Erst gibt der afghanische Präsident Hamid Karsai bekannt, dass die Amerikaner Gespräche mit den Taliban führen über eine Beilegung des Konfliktes in Afghanistan. Dann wird ein Selbstmordattentat auf einen Bundeswehr-Konvoi verübt, in dem sich auch der Kommandeur des Feldlagers in Kundus befand. Business as usual also in Afghanistan.

Nun ist es für Afghanen nicht ungewöhnlich, zu kämpfen und gleichzeitig zu verhandeln. Man versucht stets, noch ein wenig mehr für sich und seinen Stamm oder Clan herauszuschlagen. Und man wählt die Mittel, mit denen man sein Ziel am effektivsten zu erreichen meint. Im Moment stehen die Zeichen bei den Taliban eher auf Verhandlungen, weil die Kampagne der Alliierten seit der – vor allem amerikanischen – Truppenaufstockung die Extremisten deutlich in die Defensive gedrängt hat. Zu mehr als Nadelstichen sehen sie sich derzeit nicht in der Lage.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen Verhandlungen mit den Taliban. Israels ehemaliger Premier, der später ermordete Jizchak Rabin, hat am Beginn des Oslo-Prozesses Anfang der 90er-Jahre einmal gesagt: „Wir müssen verhandeln, als ob es keinen Terrorismus gäbe, und wir müssen den Terrorismus bekämpfen, als ob es keine Friedensverhandlungen gäbe.“ Ähnliches gilt für die Alliierten in Afghanistan. Denn auch hier sind sind der militärische Kampf und politische Gesprächsbereitschaft nur zwei Seiten derselben Medaille. Weil erst die entschlossen geführte militärische Kampagne gegen die Taliban überhaupt die Möglichkeit eröffnet hat, eine Konfliktlösung zu finden, die diesen Namen auch verdient und die nicht von den Radikalen diktiert wird.

Gleichzeitig ist man sich im Westen immer klar darüber gewesen, dass die militärische Auseinandersetzung ein notwendiges, aber kein hinreichendes Mittel zur Befriedung des Landes ist. Es muss also versucht werden, mindestens jene Taliban wieder in die Gesellschaft zu integrieren, die nicht so ideologisch verblendet sind, dass jeder Kompromiss von vorneherein als ausgeschlossen erscheint. Tatsächlich hat dieser Prozess ja längst begonnen. Immer wieder gelingt es der afghanischen Regierung und den Alliierten, Clans und Stämme davon zu überzeugen, die herrschende Ordnung im Land anzuerkennen und sich wieder einzugliedern. Dieser kleinteilige, allmähliche Erosionsprozess bei den Taliban ist einer umfassenden „Einigung“ vorzuziehen, die den radikalen Elementen unter den Taliban ein Vetorecht im neuen Afghanistan zubilligen würde. Wir können Afghanistan nicht verlassen, ohne ein Mindestmaß an Menschenrechten gerade für Frauen sicherzustellen. Und wir können auch nicht zulassen, dass die Radikalen das Land wieder zum Trainingsgebiet für Terroristen machen.

Die Alliierten haben erhebliche Ressourcen eingesetzt und einen hohen Blutzoll gezahlt, um das Blatt in Afghanistan zu wenden. Deshalb muss es jetzt darum gehen, das militärisch Erreichte politisch abzusichern und den Taliban nicht am Verhandlungstisch das zu geben, was sie im Kampf nicht zu erringen vermochten.

Nach dem Tod von al-Qaida-Chef Osama bin Laden hat eine Debatte im Westen eingesetzt, ob man sich nicht schneller aus Afghanistan zurückziehen sollte. Das Bedürfnis, diesen Krieg endlich hinter sich zu lassen ist nur allzu verständlich. Nur müssen die Alliierten aufpassen, nicht durch allzu große Hast das wieder zunichte zu machen, was in den vergangenen Jahren unter großen Anstrengungen erreicht wurde.

About this publication