Hick Korporal im Zappelsender
Von Kurt Kister
16.07.2011
Aus dem Monument Valley wird über die Lebenssituation der Touristenabzock-Navajos getwittert und das Genre Western ist dabei, sich von der Menschheit zu verabschieden. Doch der wilde Westen darf nicht sterben.
Neulich kam spät abends ein Western im Fernsehen, Richard Widmark, das Monument Valley und wallehaarige Frauen spielten mit. Es mag “Cheyenne” gewesen sein, aus den sechziger Jahren, einer dieser frühkritischen Filme, in denen eher die Weißen die Bösen sind, Widmark aber trotzdem ein Guter war.
Der Film lief schon häufiger im Fernsehen, gerade zu jenen seligen Zeiten, als es nur ARD und ZDF gab. Im ZDF zeigten sie damals außerdem eine Westernserie, die man so oft wie möglich schaute: “High Chaparral”. Die war weniger seifig als Bonanza und es gab beeindruckende Kakteen, die übermannshohen mit den ausladenden Armen. Die oberpfälzische Oma sprach immer von “Hick Korporal”. Die Western, die Besatzer- und später Nato-Amis in ihren deutschen Kasernen und Elvis prägten das Amerika-Bild mindestens einer Generation Westdeutscher.
Als man später selbst nach Amerika geriet, führte einen die Erinnerung an nur im Fernsehen Erlebtes schnurstracks nach Tucson, Tombstone und eben ins Monument Valley. Bei Tucson gibt es eine Kulissenstadt, in der Hick Korporal gedreht wurde. Rundherum stehen die Arm-Kakteen. Sie sehen aus wie im Fernsehen. Und selbst den Rio Pecos, wo der Apachenhäuptling Winnetou nie gelebt hat, suchte man auf. Es ist ein eher rinnsaliger Fluss in Texas, an dem es keine Pueblos gibt, Karl May nie war, aber Old Shatterhand beim Zweikampf mit Intschu-tschuna sich trotzdem im Uferschilf hätte verstecken können. (Wer bei diesem Satz jetzt Lex Barker im Wasser vor sich sieht, ist auch nicht mehr der Jüngste…)
Jedenfalls gibt es heute, außer spät in irgendeinem Zappelsender, kaum mehr Western. Schon klar, die Coen-Brüder machen hin und wieder noch einen, Tommy Lee Jones auch, und wenn Clint Eastwood hoffentlich noch länger lebt, wird er vielleicht auch noch mal losreiten.
Aber das Genre Western ist eher dabei, sich von der Menschheit zu verabschieden. Die Buben spielen kaum mehr Cowboy und Indianer, der Gauner aus dem Computerspiel Grand Theft Auto hat Wyatt Earp abgelöst, und aus dem Monument Valley wird über die Lebenssituation der Touristenabzock-Navajos getwittert.
Natürlich gibt es noch etliche Inseln des Widerstandes gegen das Verschwinden des Wilden Westens, gerade in Deutschland. Aber die meisten Damen und Herren in den Cowboyclubs zum Beispiel sind schon älter als der durchschnittliche Harley-Fahrer, der sich seit 35 Jahren als eine Inkarnation von Peter Fonda sieht. “Serengeti darf nicht sterben”, hieß mal ein Film von Grzimek. Der Wilde Westen darf auch nicht sterben, vor allem der in Deutschland nicht.
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