It Is Far from the End for Obama

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Barack Obama ist noch lange nicht am Ende

Allen Unkenrufen zum Trotz und trotz ergrauter Haare: Die Chancen Obamas für die Wiederwahl 2012 sind nicht schlecht. Heute feiert er seinen 50. Geburtstag.

Heute wird er fünfzig, und First Lady Michelle, sagt Barack Obama, fände ihn immer noch schnuckelig. Die Wähler hingegen zeigen dem Präsidenten vor seinem Geburtstag die kalte Schulter. Ein neues Rekordtief machte Gallup in der letzten Juli-Woche aus. Nur 42 Prozent bewerteten Obamas Amtsführung positiv. Drei Tage lang waren es laut dem renommierten Meinungsforschungsinstitut sogar nur 40 Prozent. Damit stürzte der Präsident auf den niedrigsten Wert seit seinem Einzug ins Weiße Haus im Januar 2009.

Unversöhnlicher noch als die Wähler zeigten sich die Medien. „Obama kapituliert“, überschrieb der den Demokraten eigentlich zugeneigte Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman seine Kolumne in der „New York Times“ über die „politische Katastrophe“, die der Präsident am Sonntag verkündet habe. Der Kompromiss mit dem Kongress nach monatelangem Streit über die Erhöhung des Schuldenlimits und Etateinsparungen löste einen „Aufschrei von links aus“, berichteten die Korrespondenten der Zeitung flankierend.

Emanuel Cleaver, ein demokratischer Abgeordnete aus dem Bundesstaat Missouri, beschimpfte das Ergebnis, das drastische Ausgabenkürzungen, aber keinerlei Steuermehreinnahmen vorsieht, als „Sandwich des Teufels mit Zuckerguss“.

“Beulen und Dellen” aus Verhandlungen davongetragen

Happy Birthday, Mr. President. Er selbst räumt ein, „Beulen und Dellen” aus den Verhandlungen davongetragen zu haben. Doch die Situation Obamas, rund ein Jahr vor dem Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes, lässt sich auch anders analysieren.

Durch den Kompromiss hat er einen Zahlungsausfall der Regierung und die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA verhindert. Das „Armageddon“, vor dem er warnte, ist abgewendet. Und für die vorangegangenen Grabenkämpfe machen die Amerikaner, auch das zeigen Umfragen, vor allem die Republikaner im Kongress verantwortlich, an zweiter Stelle die Demokraten und zuletzt den Präsidenten.

Morgen schon bestimmen andere Themen die Schlagzeilen und übermorgen schon mag man sich weniger an Details des Kompromisses erinnern, als an störrische und zerstrittene Fraktionen im Kongress und an einen geduldigen Obama, der durch sein beharrliches Bemühen den Stillstand überwand und die Lösung fand.

Obama feiert in seiner Wahlheimat Chicago

Zudem sollen heute Hunderte lokale Geburtstagspartys im ganzen Land, von Obamas Wahlkampfteam in Form von Graswurzelinitiativen angestoßen, die Anhänger ablenken. Der Präsident selbst feiert in seiner Wahlheimat Chicago, dem Cape Canaveral seines raketenartigen politischen Aufstiegs. Grammy-Gewinnerin Jennifer Hudson und Jazz-Legende Herbie Hancock spielen auf, um Bürger und geladene VIPs in Spendenlaune zu bringen.

Schon Ende Juni, drei Wochen nach dem Start der Wiederwahlkampagne, hatten die Organisation „Obama for America“ und das Führungskomitee der Demokraten 86 Millionen Dollar eingesammelt. Das ist zwar noch weit entfernt von der angestrebten eine Milliarde Dollar. Aber der erfolgreiche Auftakt der Betteltour erstaunte Beobachter dennoch.

Dabei hat das Weiße Haus Obama stark verändert. Er ist in den zweieinhalb Jahren grau geworden. „Malia und Sasha sagen, das lässt mich vornehm aussehen“, erzählte der Präsident dieser Tage über seine dreizehn und zehn Jahre alten Töchter, gestand augenzwinkernd aber auch ein: „Michelle sagt, es macht mich alt.“

Auf Drängen seiner Frau hat Obama mit dem Rauchen aufgehört. Der 1,85-Meter-Mann hat seine schlaksige, jungenhafte Figur bewahrt, was in einem stressigen Amt mit zahllosen Nachtschichten am Schreibtisch nicht selbstverständlich ist. Auf dem Laufband, an Gewichten, beim Golfspiel und gelegentlich als Trainer der Basketballmannschaft von Sasha beugt der Präsident einer Gewichtszunahme vor.

Er stand einst für die Emanzipation der Minderheiten

Stärker verändert hat sich die Wahrnehmung des Politikers Obama. Er stand einst für die Emanzipation der Minderheiten, insbesondere der Afroamerikaner, und seine Kandidatur 2008 wurde im Kern als linkes Projekt verstanden. Neben den Schwarzen waren es junge Erstwähler, Frauen und Hispanics, die ihn überproportional wählten. Kriegsgegner, Kapitalismuskritiker und Homosexuelle trommelten in Internet-Kampagnen für den Kandidaten, der alles anders zu machen versprach und mit Hoffnung warb: „Yes, we can.“

Das scheint von der Gegenwart mit einer offiziellen Arbeitslosigkeit von neun Prozent und einem Immobilienmarkt, der bis heute nicht zur Stabilität zurückgefunden hat, Lichtjahre entfernt. Andererseits ist der Vorwurf, der Präsident sei „entscheidungsschwach“ und neige in der Außenpolitik zur Aufgabe amerikanischer Interessen, seit der Tötung von Terror-Chef Osama Bin Laden nicht mehr zu hören.

Die unterschwellig gefährliche Verschwörungstheorie, Obama sei illegal im Amt, weil er nicht auf Hawaii, sondern in Kenia geboren sei, lebt zwar weiter. Doch sie findet in der Mitte der Gesellschaft kein Echo mehr, seit der Präsident Ende April der Öffentlichkeit seine Geburtsurkunde präsentierte.

Und die einst populäre Diffamierungskampagne, der sich in frühen Jahren mit linksradikalen Theoretikern umgebende Initiator einer Gesundheitsreform mit allgemeiner Versicherungspflicht sei ein heimlicher „Sozialist“, verträgt sich nicht mit der Beobachtung, er habe im Schuldenstreit die Positionen der Besserverdienenden und der Wirtschaft übernommen.

Deutlich nach rechts gerückt

Obama ist im politischen Spektrum der USA deutlich nach rechts gerückt. Seine Außenpolitik basierte ohnehin von Anfang an auf Grundüberzeugungen der nationalen Sicherheit, die von seinen Vorgängern nicht anders beurteilt wurden. In Details wie dem gebrochenen Versprechen, Guantánamo binnen eines Jahres zu schließen, hat der idealistische Obama dem pragmatischen Oberbefehlshaber der Armee Platz gemacht.

Das enttäuscht die Liberalen, in den USA ein Synonym für „links“, die im Wahlkampf 2008 für den Kandidaten die Straße mobilisierten. Nächstes Jahr werden sie das nicht mehr tun. Aber sie werden Obama am 6. November trotzdem wählen – schon um einen Republikaner im Weißen Haus zu verhindern. 72 Prozent der selbsterklärten Liberalen sind mit Obamas Amtsführung einverstanden, vermeldete Gallup am Montag.

Wenn dem Präsidenten die linken Wähler trotz geringeren Enthusiasmus nicht von der Fahne gehen, wird es auf die Mitte, die „Independents“ ankommen. Sie sind in Wirtschafts- und Finanzfragen meist dichter beim pragmatischen Flügel der Republikaner als bei den Demokraten.

Die „New York Times“ glaubt, Obamas Entscheidung für drastische Kürzungen von Staatsausgaben „kann ihm helfen, die unabhängigen Wähler zurückzugewinnen, die entscheidend waren für seinen Sieg 2008“.

Vergeblich für einen „ausbalancierten Ansatz“ eingesetzt

Die Unabhängigen lehnten während der Defizitverhandlungen die Forderung der Demokraten ab, den Schuldenkurs fortzusetzen und auf eine Reform der Sozialprogramme zu verzichten. Mindestens ebenso ungehalten waren sie über die Sturheit der Republikaner mit ihrer von der Tea Party entlehnten Position, keinerlei Steuererhöhung zuzulassen.

Obama hatte sich vergeblich für einen „ausbalancierten Ansatz“ eingesetzt, bei dem auf vier Dollar aus Kürzungen ein Dollar aus neuen Steuereinnahmen kommen sollte.

Im Wahlkampf dürfte er diese Idee erneut propagieren und, mit dem Mut zum Populismus, das Ende der von Vorgänger George W. Bush verfügten Steuerkürzungen für Besserverdiener, für Hedgefonds-Manager, für Unternehmen in der Ölindustrie und für Firmenjets fordern.

Das wird in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen die unteren Einkommensklassen und die Mittelschicht unter den beschlossenen Kürzungen staatlicher Gelder und der daraus resultierenden Entlassung öffentlicher Angestellter leiden werden, bei den Unabhängigen gut ankommen.

Chancen trotz der vermeintlichen Rückschläge nicht schlecht

Die Chancen Obamas für 2012 sind also trotz der vermeintlichen Rückschläge der vergangenen Wochen nicht schlecht. Sie werden dadurch verbessert, dass die Republikaner bislang keinen das übrige Feld überstrahlenden Kandidaten fürs Weiße Haus präsentieren konnten.

Entscheidend allerdings wird für den Sieg oder das Scheitern des Präsidenten im November nächsten Jahres die Situation auf dem Arbeitsmarkt sein. Gibt es dann zumindest Anzeichen für eine Besserung? Nichts wünscht sich Barack Obama daher an seinem Geburtstag wohl mehr als „Jobs, Jobs, Jobs“.

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