Impotence in the Middle East

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Ohnmacht in Nahost

von Stefan Kornelius

21.09.2011

Der US-Präsident wird seinen Worten keine Taten folgen lassen: Einen palästinensischen Staat wird es in diesem Monat nicht geben. Selten zuvor hat ein amerikanischer Präsident seine internationale Agenda so klaglos aufgegeben. Wenn einer keine Hoffnungen mehr nähren kann für Nahost, dann Obama.

Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde kennt die verwundbaren Stellen des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Er weiß, wo er nur ein wenig Druck ausüben muss, damit es richtig schmerzt. Also gibt Mahmud Abbas dem rechtskonservativen Fernsehsender Fox ein Interview. Denn den amerikanischen TV-Sender und den Palästinenser-Präsidenten vereint das Ziel, Barack Obama Schmerz zu bereiten. So erinnert Abbas den mächtigen US-Lenker daran, dass er es doch gewesen sei, der ihm einen Staat bis September 2011 versprochen habe, und fügt süffisant hinzu: “Ich hoffe, Sie werden liefern.”

Obama wird natürlich nicht liefern. Einen palästinensischen Staat wird es in diesem Monat nicht mehr geben. Wenn Abbas Glück hat, dann wird es ernsthafte Friedensgespräche geben, an deren Ende, vielleicht in einem halben Jahr, tatsächlich ein Staat stehen könnte. Aber solch hehre Hoffnungen für den Nahen Osten wurden schon oft enttäuscht. Und es ist nicht Obama, der diese Hoffnungen nährt. Wenn einer keine Hoffnungen mehr nähren kann für Nahost, dann der amerikanische Präsident.

Obama ist nicht nur innenpolitisch am vorläufigen Tiefpunkt seiner Präsidentschaft angekommen. Auch außenpolitisch hat er sich verstrickt und ist ein Getriebener der inneren Zustände Amerikas. Selten zuvor hat ein Präsident seine internationale Agenda so klaglos aufgegeben, hat sich hinabziehen lassen in die ideologischen Gräben und damit alle Gestaltungskraft verloren. Nicht Obama zieht die Aufmerksamkeit der Welt auf sich, wenn in New York am Sitz der Vereinten Nationen die Staats- und Regierungschefs zu ihrer Jahrestagung zusammenkommen. Obamas Widersacher Rick Perry, noch nicht mal Republikaner-Kandidat, betritt die Bühne, um markig seine Nibelungentreue zu Israel zu bekunden.

Alles Außenpolitische ist im inneramerikanischen Ideologiekampf billige Munition. Der Präsident schafft es nicht mehr, seine Deutungshoheit durchzusetzen und dem Gegner mehr Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit abzuverlangen. Hamas und Fatah, Maschal oder Abbas – alles eine Soße, alles Terroristen, alles Feinde Israels. Im für diesen frühen Zeitpunkt bemerkenswert lauten Vorwahlgeschrei gibt es keinen Platz für die großen Umbrüche in Nahost, für die taktischen Finessen der Palästinenser-Führung, für innerisraelische Brüche.

Obama ist aber bei weitem nicht nur Opfer der inneren Zustände seines Landes. Er selbst hat zu Beginn seiner Präsidentschaft Erwartungen geweckt, die unrealistisch waren. Seine Rede vor Studenten in Kairo und der Auftritt bei den Vereinten Nationen vor einem Jahr suggerierten, dass der amerikanische Heilsbringer sich nun auch in die Niederungen der Nahost-Politik begeben und dort für Wunder sorgen würde.

Gefangener seiner eigenen Versprechungen

Dann kamen die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, und die US-Regierung mochte sich lange nicht wirklich von Hosni Mubarak lösen. Danach zog sie in den Libyen-Krieg, wollte aber nicht bleiben. Und schließlich gibt es das Problem mit Palästina. Dabei zeichnen jüdische Interessengruppen in den USA ein Bild von Israel, das mit den eigentlichen Zuständen nur noch wenig zu tun hat, was wiederum der Regierung Benjamin Netanjahus hilft.

So ist Obama ein Gefangener geworden: seiner eigenen Worte und Versprechungen, seiner Zögerlichkeit, seiner innenpolitischen Fixierung und natürlich auch der rechten Opposition, deren Radikalität jede Staatskunst unmöglich macht. Die USA sind zwar qua Größe, Militärkraft und Zahlungsfähigkeit nach wie vor ein wichtiger Akteur im Nahen Osten. Aber ein Vermittler sind sie nicht mehr.

Ist mit Obama also ein Staat zu machen? Werden Israel und die Palästinenser doch noch zusammenfinden? Wenn in dieser Woche bei den Vereinten Nationen in New York ein neuer Versuch für den Frieden unternommen wird, dann nicht wegen Obama.

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