The American Dream: Or, from the Depths to the Heights

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The American Dream oder: Von ganz unten nach ganz oben

Von Kathrin Pilz

24. Sep 2011

Wie der „prominente” Obdachlose eine zweite Chance bekam, das happy end aber ausblieb, weil er aus einer Drogenentzugsklinik flüchtete.

Man kann es nennen wie man will: „Cinderella Story”, „Vom Tellerwäscher zum Millionär” oder einfach „The American Dream”. Gemeint ist immer die gleiche Geschichte: jemand hat es von ganz unten nach ganz oben geschafft.

Auch die wunderbare Schicksalswendung im Leben des Obdachlosen Ted Williams – der Anfang des Jahres quasi eine „zweite Chance” bekam – suggeriert: Jeder kann es in Amerika zu Geld und Ruhm bringen, wenn er nur will. Sogar ein drogensüchtiger, kleinkrimineller Penner. Dabei hat Williams „Comeback in die Gesellschaft” weniger mit Willenskraft zu tun, als mit einem glücklichen Zufall: Im Jänner noch stand der neunfache Vater mit zotteligen, langen Haaren und in einer schmutzigen Armyjacke an einer Ausfallsstrasse in Columbus und bettelte die vorbeifahrenden Autofahrer um Geld an. Auf einem Pappschild stand folgender Text: „Meine Stimme ist ein Geschenk Gottes. Ich bin Ex-Radiosprecher und gehe durch harte Zeiten. Jeder Penny hilft! Gott segne Sie!”

Für einen Dollar ließ er sich bei einer improvisierten Radioansage filmen und die Aufzeichnung landete auf you tube. Binnen kurzer Zeit klickten sieben Millionen Menschen auf das Video um den Penner mit der goldenen Stimme zu bewundern. Einladungen zu unzähligen Talkshows und Jobangebote folgten. Williams wurde von den Medien zum neuesten Beispiel stilisiert, dass der „amerikanische Traum” nach wie vor lebt, obgleich die ökonomische Situation in den USA eine andere Geschichte erzählt. Das Basketball Team Cleveland Cavaliers, die Williams’ Stimme für Promotionszwecke einsetzen wollten, boten ihm nicht nur einen Vertrag über zwei Jahre an, sondern erklärten sich auch bereit, ihm ein Haus zu kaufen.

Das ironische daran ist, dass das Cleveland Cavaliers Team dem CEO von Quicken Loans gehört. Und Quicken Loans ist wiederum jene Bank, die während der Zwangsversteigerungskrise die Leute reihenweise aus ihren Häusern warf.

Die Medien stürzten sich auf das generöse Angebot der Firma die einem „Star-Obdachlosen” auf die Beine helfen wollte, verschwiegen aber weitgehend das pikante Detail, dass genau die gleiche Firma durch hinterhältige Praktiken bei Kreditvergaben ungezählte Menschen obdachlos machte.

Worüber die Medien ebenfalls nur sporadisch berichteten, ist die Tatsache, dass das Märchen von Ted Williams kein happy end hat. Der populärere TV-Psychologe Dr. Phil finanzierte ihm sogar einen Aufenthalt in einer Drogenentzugsklinik. Doch William flüchtete aus dem Entzugscenter und wurde rückfällig. Es gab gewalttätige Auseinandersetzungen mit Familienmitgliedern, er wurde temporär verhaftet und Williams drohte alles erneut zu verlieren. Auch wenn er mittlerweile behauptet seine Sucht im Griff zu haben, ist der Lack an der Geschichte ab und der Hype um seine Person verstummt.

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