The Israeli Sword over Obama’s Head

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Das israelische Schwert über Obamas Haupt

Ein Angriff Israels auf den Iran würde das politische Schicksal von Barack Obama womöglich besiegeln. Viel Spielraum hat der amerikanische Präsident freilich nicht.

Israels zusehends lauteres Säbelrasseln im Atomstreit mit dem Iran nervt die Regierung Obama und schürt amerikanische Ängste vor einem Flächenbrand im Nahen Osten. Dagegen mag eingewendet werden, dass sich hinter den israelischen Drohungen, Teherans Atomanlagen zu bombardieren, eine clevere Strategie verbirgt: Israel mimt den aggressiven und zu allem entschlossenen Angreifer, um den Iran zu Konzessionen bei einer nächsten Verhandlungsrunde zu bewegen. Washington bekennt unterdessen öffentlich, Israel von einem Luftschlag abhalten zu wollen, verspricht sich von der verbalen Eskalierung des Konfliktes jedoch ein Einlenken des Iran.

Möglich wäre ein solches Szenario schon, doch die gesteigerte Nervosität innerhalb der Obama-Administration suggeriert ein anderes und sehr viel gefährlicheres Kalkül: Israel glaubt in der Tat, in wenigen Monaten habe sich das «Fenster» für einen Luftangriff geschlossen, die nukleare Bewaffnung der Ayatollahs sei danach nicht mehr aufzuhalten. Deshalb gelte es jetzt zuzuschlagen.

Der Geheimdienst schaltet sich ein

Dies wiederum erklärte die hektische Betriebsamkeit der Obama-Truppe hinsichtlich Israels. Sicherheitsberater Tom Donilon besuchte Tel Aviv am Montag und Dienstag, und noch in dieser Woche wird der Geheimdienstkoordinator des Präsidenten, Ex-General James Clapper, gleichfalls in Israel erwartet. Damit nicht genug warnte am Wochenende der Vorsitzende des amerikanischen Generalstabs, Armee-General Martin Dempsey, neuerlich vor den «destabilisierenden» Folgen einer israelischen Attacke für die Region.

Für den Präsidenten könnte ein israelischer Luftschlag in den kommenden Monaten in eine politische Katastrophe münden: Nur Monate vor den amerikanischen Wahlen müsste Barack Obama mit Chaos im Nahen Osten sowie einem himmelhohen Ölpreis rechnen, der die nur langsam in Fahrt kommende amerikanische Konjunktur abwürgte und Obamas Wahlchancen entsprechend minderte.

Die Gefahr eines gescheiterten Angriffs

Schlimmer noch: Scheitert der israelische Angriff aufgrund mangelnder militärischer Kapazitäten – weil beispielsweise die iranische Verbunkerung nicht durchbrochen werden kann – oder explodiert der Nahe Osten im Gefolge eines israelischen Angriffs und iranischer Vergeltungsmassnahmen, käme Obama wahrscheinlich nicht umhin, das militärische Potenzial der Vereinigten Staaten in die Waagschale zu werfen. Viel Spielraum hätte der Präsident schon deshalb nicht, weil der innenpolitische Druck gewaltig wäre. Seine republikanischen Konkurrenten trommeln zum Krieg, auch stünden sie geschlossen hinter allem, was Benjamin Netanyahu vom Stapel liesse.

Wenn Netanyahu Anfang März in Washington eintrifft, werden ihm republikanische Ergebenheitsbekundungen auch deshalb entgegenschlagen, weil die Republikanische Partei die jüdische Gemeinschaft im Hinblick auf die nahenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen heftig umwirbt. Netanyahu hat mehr als einmal demonstriert, dass er sich flagrant in innere amerikanische Angelegenheiten einzumischen bereit ist und dabei auf die Kongressrepublikaner wie auch konservative amerikanische Medien zählen kann.

Es bleibt zu hoffen, dass Barack Obama standhaft bleibt und seinem israelischen Gast bei dessen Besuch in der amerikanischen Hauptstadt noch einmal und mit allem gebotenen Nachdruck sagt, was den Israelis bereits von diversen amerikanischen Abgesandten gesagt wurde: Dass nämlich eine Attacke auf den Iran womöglich katastrophale Konsequenzen zeitigte und deshalb unterbleiben sollte.

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