An Unusual Call for Help

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Ein ungewöhnlicher Hilferuf

von Dorothea Hahn

04.04.2012

Rassismus in Alabama

US-Gewerkschaften und Bürgerrechtsorganisationen wollen die Daimler AG dazu bewegen, sich mit ihnen gegen ein einwandererfeindliches Gesetz in Alabama einzusetzen.

Wenn die US-Bürgerrechtlerin Patricia Kupfer an diesem Mittwoch bei der Hauptversammlung der Daimler AG in Berlin das Wort ergreift, wird sie gegen das Einwanderungsgesetz im US-Bundesstaat Alabama sprechen. Aber auch von ihren dereinst aus Deutschland eingewanderten Urgroßeltern. Denn im heutigen Alabama wären ihre Urgroßeltern „Illegale“ – wegen eines Gesetzes namens HB 56.

Es ist ein ungewöhnlicher Hilferuf: von Gewerkschaften und Bürgerrechtsorganisationen an mehrere internationale Automobilkonzerne. Weil Daimler, aber auch Honda und Hyundai in Alabama große Produktionsanlagen betreiben, gelten sie als potenzielle Alliierte, um das Einwanderungsgesetz zu kippen.

Um die drei Konzerne einzuschalten, entfalten die AktivistInnen seit Anfang des Jahres intensive Schreib- und Reiseaktivitäten. Vergangenen Monat reisten die AktivistInnen zur Hauptversammlung von Hyundai nach Südkorea. Am Montag dieser Woche haben sie eine Beschwerde über das Gesetz HB 56 an die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) geschickt. Und im kommenden Monat wollen sie Honda besuchen.

Am 19. Januar gingen zudem drei fast gleichlautende Briefe nach Tokio, Seoul und Stuttgart – an die Vorstandsvorsitzenden von Honda, Hyundai und Daimler. Die UnterzeichnerInnen – darunter die Vorsitzenden großer Gewerkschaften wie United Auto Workers UAW und Service Employees International Union SEIU – bitten darin um Termine mit den Spitzenmanagern.

Aus Stuttgart, wo „CEO Dr Dieter Zetsche“ der Empfänger des Briefes war, ist bislang nach Auskunft der SEIU keine Antwort gekommen. Auf Anfrage der taz teilt Daimler-Pressesprecher Markus Mainka mit: „Zu einer Hauptversammlung können sich nur Aktionäre anmelden.“ Mit dieser Regel ist sind die AktivistInnen aus den Vereinigten Staaten vertraut. Für die Daimler-Hauptversammlung haben AktionärInnen den US-AmerikanerInnen ihr Rederecht übertragen. Kupfer und ihre beiden KollegInnen wollen es nutzen, um AktionärInnen für ihre Zwecke zu gewinnen.

Daimler genießt das Gehör der Regierung

Ihre Argumente: Das Werk bei Tuscaloosa hat massive staatliche Subventionen erhalten. Es ist eins der Hauptarbeitgeber in der Region. Daimler genießt das Gehör der Regierung des Bundesstaates. Und: Der Konzern ist eine Verpflichtung eingegangen. Unter anderem werden die Besucher aus den USA sich auf einen Vertrag der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2000 berufen. Der Global Pact, den Daimler unterzeichnet hat, besteht aus zehn Prinzipien zum Schutz der Umwelt, zur Bekämpfung von Korruption und zur Verteidigung der Menschenrechte.

Daimler rühmt sich seines Engagements. Die Gewerkschaften und BürgerrechtlerInnen argumentieren, dass HB 56 sowohl das Recht auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit als auch jenes auf gleichen Zugang zu gewerkschaftlicher und anderer Interessenvertretung verletzt (mehr dazu auf der Webseite www.repealHB56.org).

„Eigentlich hätte Mercedes schon im vergangenen November gegen das Gesetz protestieren müssen, als ein Mercedes-Manager wegen HB 56 in Polizeihaft kam“, sagt Kupfer. Sie hofft, dass die globale Kampagne, die ihre Organisation, America’s Voice, zusammen mit anderen Menschenrechtlern durchführt, dazu führt, dass Daimler endlich Position bezieht. „Rassismus“, so eines der Argumente der AktivistInnen, „ist schlecht für das wirtschaftliche Klima in Alabama.“

Unterstützung aus Deutschland

Die Aktion der US-Aktivisten ist ein Alleingang. Aber mit der Sympathie der Gewerkschafter in Deutschland können sie rechnen. Silke Ernst, Sprecherin des Gesamtbetriebsrates der Daimler AG: „Wir haben sehr kurzfristig von der geplanten Aktion (gegen HB 56 am Rande der morgigen Hauptversammlung) erfahren. Grundsätzlich halten wir es für richtig, dass sich unsere Freunde aus der US-Gewerkschaftsbewegung gemeinsam mit Menschenrechtsgruppen gegen mögliche Menschenrechtsverletzungen einsetzen.“

Die Kritik der US-Gewerkschafter und Bürgerrechtler richtet sich nicht nur an die Regierung des Bundesstaates Alabama. In der Beschwerde an Juan Somavia, Generaldirektor der ILO, erwähnt Mary K. Henry, SEIU-Präsidentin auch die Untätigkeit von Präsident Barack Obama. „Wir glauben, dass die Unfähigkeit der Regierung der Vereinigten Staaten, umgehend und entschlossen zu handeln, um die bundesweite Politik bezüglich Immigration umzusetzen, […] es einzelnen Bundesstaaten ermöglicht hat, Gesetze zu verabschieden, die eklatant internationale Standards verletzten.“

Für die 2,1 Millionen Mitglieder starke SEIU, die zu den verlässlichsten Alliierten des demokratischen Präsidenten gehört, ist das ein scharfer Ton.

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