Der gläserne Passagier
20.04.2012
Das neue Abkommen der EU und den USA über Fluggastdaten verspricht mehr Datenschutz – bleibt aber im Kern vor allem eines: Ein Datenleck, von dem die Amerikaner profitieren.
Noch ehe Europäer den Fuß auf amerikanischen Boden setzen, werden die US-Behörden künftig ziemlich gut informiert sein, wer da Einlass begehrt. Name, Adresse, Sitzplatz- und Kreditkartennummer, ja selbst die Menüwahl an Bord wird vorher erfasst – und bis zu 15 Jahre lang gespeichert. Das EU-Parlament, das das Fluggastabkommen billigte, machte sich zum Erfüllungsgehilfen der US-Geheimdienste. Die CIA darf die Angaben für die Suche nach Terroristen oder Schwerverbrechern auswerten.
Die Abgeordneten rechtfertigen ihre Zustimmung damit, dass das neue Abkommen deutlich mehr Datenschutz biete als die alte Vereinbarung aus dem Jahr 2007. Aber mehr ist noch lange nicht genug. Darum hatte sich die Bundesregierung auf Ratsebene auch enthalten, eingedenk der Mahnung des Bundesverfassungsgerichts, die Vorratsdatenspeicherung müsse verhältnismäßig sein. Das ist die Liste der Daten gerade nicht. Sie schafft den gläsernen Passagier und eröffnet den US-Behörden Spielräume, die die EU-Kommission nicht lückenlos kontrollieren kann. Und der Fluggast, der nur eingeschränkte Rechtsmittel hat, schon gar nicht.
Die Schwächen des Abkommens sind offensichtlich. Allein schon der Verwendungszweck der Daten – Prävention von Terror und Kriminalität – ist ziemlich schwammig formuliert. Es wird Auslegungssache der Amerikaner bleiben, wann und wie die Daten genutzt werden. Die Weitergabe an Drittstaaten ist auch nicht sehr streng geregelt. Und die nationalen Datenschutzbehörden sind nicht zwingend eingebunden in die Überprüfung, ob die Vereinbarungen auch eingehalten werden.
Auch wer guten Gewissens sagen kann, er habe nichts zu verbergen, und die eigene Sicherheit zu schätzen weiß, darf hier misstrauisch sein. Beim Datenschutz ist Amerika ein Entwicklungsland – und pfeift auf Benjamin Franklin, der sagte: “Wer ein Stück Freiheit für ein wenig mehr Sicherheit opfert, wird beides verlieren.”
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