Angst vor der Klugheit
von Christian Wernicke
30. Januar 2013
Bloße Taktik, ohne tiefere Strategie: Dass republikanische Senatoren sich zur überparteilichen Zusammenarbeit aufraffen und das überkommene US-Einwanderungsrecht reformieren wollen, ist keine Kurskorrektur aus Überzeugung. Die Partei betreibt nur Kosmetik.
Amerikas Republikaner mühen sich seit November an einer simplen Aufgabe ab. Sie müssen nach ihrer Niederlage bei der Präsidentschaftswahl beweisen, dass sie aus Schaden klug werden können. Und wollen. Jene Partei, die sich gern auf Amerikas Gründerväter beruft und Abraham Lincoln als Paten verehrt, ist in den Augen vieler Wähler zu einer kleingeistigen Kampftruppe verkommen, zu einem politischen Stamm weißer, garstiger Männer ohne Vision, die immer nur Kontra geben – gegen Washington, gegen Barack Obama, gegen jedweden Wandel.
Langsam, sehr langsam kommen Amerikas Konservative zur Besinnung. Eine Gruppe republikanischer Senatoren hat sich nun zur überparteilichen Zusammenarbeit aufgerafft und versprochen, zusammen mit Präsident Obama und dessen Demokraten das überkommene US-Einwanderungsrecht zu reformieren. Sie ziehen damit eine erste Lehre aus dem Debakel von 2012: Die Partei muss aus ihrem weißen Ghetto ausbrechen.
Lincolns Erben haben längst nicht nur die Schwarzen verloren, auch drei Viertel aller Bürger lateinamerikanischer und asiatischer Abstammung wenden sich inzwischen von ihnen ab. Ohne mehr Zuspruch unter Amerikas größter Minderheit, den Latinos, und der am schnellsten wachsenden Wählergruppe, den Asiaten, laufen die Republikaner in vier, spätestens acht Jahren Gefahr, sogar Hochburgen wie Arizona oder Texas an die Demokraten zu verlieren. Blieben die Republikaner so bleich, wie sie sind, es käme nie mehr einer der Ihren ins Weiße Haus.
Versuch, nicht länger “die dumme Partei” zu sein
Nur, dieser Schwenk zur (sehr zögerlichen) Legalisierung von elf Millionen einst illegal eingewanderten Mitbürgern ist allenfalls ein erster Schritt auf dem Weg zur Öffnung. In der Partei regt sich Unmut über die “Amnestie”. Und selbst führende Republikaner vollziehen die Kurskorrektur nicht aus Überzeugung, sondern nur als leidigen Akt der Anpassung an demografische Trends. Das ist kein Aufbruch, sondern spiegelt, in den Worten eines rechten Gouverneurs, nur den Versuch wider, nicht länger “die dumme Partei” zu sein.
Das ist typisch für die bisherigen Versuche konservativer Erneuerung. Vieles ist bloße Taktik, ohne tiefere Strategie. Eine Kommission gewiefter Wahlkampfmanager darf nun eruieren, wieso Obamas Kampagne so viel schlagkräftiger war. Oder wie es passieren kann, dass die Partei sich mit Kandidaten um sicher geglaubte Parlamentsmandate bringt, die von “legitimer Vergewaltigung” schwafeln.
Die Republikaner suchen kosmetische Korrekturen, Kurs und Kern der Partei bleiben tabu. Sie bleiben Neinsager. Die Partei verweigert die Frage, warum sie – etwa beim Klimawandel – die Erkenntnisse der Wissenschaft verleugnen. Und sie bietet keine Antwort auf die Frage, welchen Schutz ein verschlankter Staat seinen Bürger noch bieten würde angesichts von Globalisierung und Arbeitslosigkeit.
So bleibt der Eindruck, dass diese fast staatsfeindliche Kontra-Bande letztlich regierungsunfähig ist. Die “dumme Partei” will schlauer sein, aber nicht klug werden.
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