Syrien, Drohnen, Guantánamo, NSA und jetzt auch noch die neue Eiszeit mit Russland: Der US-Präsident setzt die Außenpolitik seines Vorgängers in erschreckend konsequenter Form fort.
Außenpolitisch ist US-Präsident Barack Obama seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar praktisch nichts mehr gelungen. Der Einfluss des mächtigsten Staatsmannes der Welt auf die Vorgänge in der Welt hat in beeindruckendem Tempo abgenommen. Das ist keine gute Entwicklung. Sie macht die Welt gefährlicher, als sie ohnehin schon ist.
Der Bürgerkrieg in Syrien geht mit unverminderter Härte weiter. Auf den Umsturz in Ägypten reagierte die US-Regierung überrascht und ohne Plan. In Afghanistan geht nur wenig voran, der Streit zwischen Obama und Präsident Karsai hat an Schärfe gewonnen. Der Iran lässt nicht von seinen Atomplänen ab. Das gilt auch für Nordkorea. Die Bemühungen, die nukleare Abrüstung voranzutreiben, sind inzwischen auf ein kleines Kapitel in Obamas Festreden reduziert worden – unlängst zu hören in Berlin.
Obama ist gescheitert
Es ist wohl wahr: Obama hat auch außenpolitische Verdienste. Er hat den Krieg der USA im Irak beendet und die US-Truppen nach Hause geholt. Das Morden im Irak aber geht weiter. Obama hat angekündigt, den Kampfeinsatz seiner Soldaten in Afghanistan Ende kommenden Jahres zu beenden. Ob er damit Sicherheit für die Afghanen schaffen wird, ist aber fraglich. Im Nahen Osten scheinen Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern zwar wieder möglich zu sein – mit ungewissem Ausgang allerdings wie immer in den letzten Jahrzehnten. Die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba ist seit Jahren angekündigt. Geschehen ist nichts. Obama, angetreten mit dem Ziel, dieses Erbe aus der Amtszeit seines Vorgängers schnell loszuwerden, ist gescheitert. Mehr als 100 Häftlinge sind im Hungerstreik und haben jede Hoffnung fahren lassen, noch jemals freizukommen.
Vor viereinhalb Jahren hat der Verfassungsrechtler Obama sein Amt im Weißen Haus angetreten und versprochen, es anders zu machen als sein in den Krieg verliebter Vorgänger George W. Bush. Er hat sein Versprechen gehalten. Er hat alles anders gemacht, aber vieles nicht besser.
Obama führt Bushs Krieg auf andere Weise weiter, auf schmutzige, verdeckte, geheime Weise. Er lässt unbemannte Flugkörper gegen Terrorverdächtige los und nimmt dabei den Tod von unschuldigen Menschen in Kauf. Erst dieser Tage waren im Jemen wieder Drohnen im Einsatz.
Unverständliche Absage
Obamas Geheimdienst NSA überwacht das Internet in einem bislang ungeahnten Ausmaß. Die digitale Rasterfahndung ist grenzenlos und global. Die Weltbevölkerung besteht nur noch aus Verdächtigen. Seit Edward Snowden die Umtriebe der NSA öffentlich gemacht hat, ist klar ersichtlich: Die Paranoia ist zu einem Leitbild US-amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden – auch unter Obama und mit dessen ausdrücklicher Billigung. Jene, die hämisch von der zweiten Amtszeit des George W. Obama sprechen, haben durch Snowden Recht bekommen.
Seit der begabte Provokateur, aber wenig begabte Demokrat Wladimir Putin eben diesem Snowden auch noch Asyl in Russland gewährt hat, ist Obamas Erfolglosigkeit erst recht manifest geworden. Statt souverän auf die Flucht des Enthüllers nach Moskau zu reagieren, weil ohnehin nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist, was die NSA treibt, herrscht in Washington der Trotz vor. Der Präsident hat ein Zweiertreffen mit Putin in Moskau demonstrativ absagen lassen. So etwas gab es seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor mehr als 20 Jahren nicht mehr, und selbst während des Kalten Krieges gehörte Gesprächsverweigerung eher zu den selten gewählten Formen des Umgangs zwischen den beiden Supermächten.
Rückzug in den Schmollwinkel
Zwischen den USA und Russland herrscht inzwischen eine unterkühlte Stimmung, die beiden Seiten, aber auch dem Rest der Welt zu einer Gefahr werden kann. Sprachlosigkeit war noch nie ein Weg, um Probleme zu lösen. Das weiß Obama – und gerade deswegen ist die Absage des Treffens so unverständlich.
Wer glaubt, Putin ließe sich davon beeindrucken, dürfte bald enttäuscht sein. Der russische Präsident hat in Snowden ein Mittel gefunden, um die USA zu piesacken. Er wird es wohl weiter genüsslich einsetzen. Was kommt denn nach dieser Absage? Die nächste? Und dann noch eine?
Die offizielle Erklärung, mit der das Weiße Haus die Absage begründet, lässt nur eine Einschätzung zu: Obama ist das Zielgerät abhanden gekommen, mit dem in der Diplomatie gearbeitet wird. Es ist die Sprache. Es ist das beharrliche Verhandeln. Wer allen Ernstes sagt, man solle besser nicht miteinander reden, weil es zu wenig Übereinstimmendes gebe, worüber geredet werden könnte, der offenbart nur, dass er beleidigt ist.
Den Rückzug in den Schmollwinkel dürfen sich viele erlauben, nicht aber der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dieser Begründung hätte in den vergangenen zehn Jahren jedes Treffen mit den Iranern abgesagt werden können. Denn auch hier war von vornherein klar: Das Reden wird so schnell keine Ergebnisse bringen, aber es wird gefährliche Eskalationen verhindern.
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