War in Syria: Military Intervention Is Coming Too Late

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Krieg in Syrien: Die militärische Intervention kommt zu spät

Ein Debattenbeitrag von Abdel Mottaleb El Husseini

Plötzlich will Amerika in den Syrien-Konflikt eingreifen, aber das Vorhaben wirkt wenig durchdacht: Wie die Strafaktion ablaufen wird und welche Ziele dahinter stehen, bleibt unklar. Das passt zum diffusen Umgang des US-Präsidenten mit den Konflikten in Nahost.

“Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.” Diese Maxime des letzten Führers des untergegangenen sowjetischen Imperiums, Michail Gorbatschow, scheint ihre Gültigkeit für die bevorstehende Intervention der USA im syrischen Bürgerkrieg aufs Neue zu bestätigen. Barack Obama ließ den syrischen Diktator sehr lange gewähren. Das plötzliche und selektive Erwachen seines Gewissens nach dem letzten Einsatz chemischer Waffen in der Nähe der syrischen Hauptstadt wird voraussichtlich das Leiden des syrischen Volkes nicht beenden.

Es kommt einfach zu spät und ist wenig überzeugend.

Mehr als hunderttausend Tote, Tausende Verletzte und Millionen Flüchtlinge waren nicht “zivilisatorisches Verbrechen” oder Grund genug, um das syrische Regime zu bestrafen. Präsident Barack Obama setzte bei Baschar al-Assad einzig den Einsatz chemischer Waffen gegen das eigene Volk als rote Linie. Der Diktator hat diese nun überschritten. Und nun kann Obama sich nicht drücken – er muss unbedingt handeln. Sonst würde die US-Politik endgültig ihre Glaubwürdigkeit verlieren.

Wie die Strafaktion gegen Syrien ablaufen wird und welche politischen Ziele dahinter stehen, bleibt unklar und passt zum zögerlichen und diffusen Umgang des US-Präsidenten mit den Konflikten im Nahen Osten und vor allem mit dem syrischen Bürgerkrieg. Aber egal wie der bevorstehende militärische Schlag gegen das syrische Regime letztendlich ausfallen wird, er steht unter ungünstigen internationalen, regionalen und innersyrischen Vorzeichen, die seine politischen Folgen unkalkulierbar machen:

Zwar trägt der syrische Präsident die völlige politische Verantwortung für alle Gräueltaten, unabhängig davon, ob sie mit oder ohne chemische Waffen verübt wurden. Baschar al-Assad ist jedoch nicht mehr der uneingeschränkte Machthaber im eigenen Land. Die Hisbollah und Iran sind inzwischen zu wichtigen Akteuren des syrischen Bürgerkriegs geworden.

Ein militärischer Schlag kann nicht wie ein sauberer chirurgischer Eingriff gegen Assads Truppen durchgeführt werden, ohne seine ausländischen Helfer zu treffen.

Zu den Hauptargumenten gegen eine militärische Aktion des Westens gegen das syrische Regime zählt ihr unklares politisches Ziel. Die USA und ihre Verbündeten machen klar, dass sie nicht das Assad-Regime stürzen wollen. Eine solche Haltung bedeutet in der Praxis nichts anderes, als die Fortsetzung des Bürgerkriegs hinzunehmen.

Auf regionaler Ebene kann ein militärischer Schlag des Westens gegen das Assad-Regime zur weiteren Eskalation des schiitisch-sunnitischen Duells führen, das von Iran und Saudi-Arabien in Syrien, Irak und Libanon angeheizt wird. Syrien ist schon lange eine Kampfarena der regionalen Mächte geworden.

Russland und China werden blockieren

Dass ein militärischer Schlag des Westens gegen Syrien von zahlreichen Staaten der Weltgemeinschaft und vor allem von Russland und China abgelehnt wird, gilt als sicher.

Aber natürlich will Russlands Präsident Wladimir Putin wegen Syrien keinen bewaffneten Konflikt mit dem Westen riskieren. Er wird Assad weiter bewaffnen und dafür sorgen, dass die syrische Opposition noch nicht einmal minimal von einer begrenzten militärischen Intervention des Westens profitiert.

Für die leidenden Syrer wird eine militärische Bestrafung des syrischen Regimes deshalb nicht den befreienden Schlag geben. Inzwischen haben die Kräfte des Regimes und die Dschihadisten im syrischen Bürgerkrieg die Oberhand gewonnen. Die geschwächten demokratischen Kräfte sind längst auf der Strecke geblieben.

Die USA und der Westen haben die Gelegenheit verpasst, den syrischen Bürgerkrieg rechtzeitig zu stoppen und eine politische Lösung für die syrische Krise zu finden. Dass sie gegenwärtig nur über militärische Kraft als einzige Karte für ihre Syrien-Politik verfügen, zeugt von ihrem politischen Bankrott in der Region.

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