Die Betonköpfe
Von Friedemann Diederichs
30.09.2013
Verwundert reibt man sich in Europa die Augen. Was ist los mit der Weltmacht USA? Warum bekämpfen sich zwei Parteien so bis aufs Messer, dass der Regierung das Geld ausgeht und massive Konsequenzen von der Staats-Lähmung bis zu einem Börsen-Erdbeben drohen?
Was sich in Washington abspielt, ist der Crash zweier Ideologien: Die konservativen „Fundis“ der Republikaner fürchten zu viel Staat und sehen die Gesundheitsreform als einen Sozialismus durch die Hintertür an, obwohl der Oberste Gerichtshof das Gesetz abgesegnet hat. Die anderen – Obama und die meisten seiner Parteifreunde – betrachten die Zwangs-Absicherung für fast 40 Millionen unversicherte US-Bürger als zwingende Notwendigkeit.
Erschütternd ist dabei vor allem das Rechtsverständnis mancher Republikaner, die in ihrem Bestreben, einen Erfolg des ersten farbigen Präsidenten zu verhindern, auch ein höchstrichterliches Urteil nicht akzeptieren wollen und damit eine Staatskrise provoziert haben. Unverständlich ist aber auch die Nonchalance des Präsidenten. Trotz der Eskalation verbrachte er am Wochenende sechs Stunden auf dem Golfplatz.
Als zweites Damoklesschwert schwebt neben dem „government shutdown“, also dem Zwangsurlaub für Bundesangestellte, das reale Gespenst der weiter ungehemmt wachsenden Staatsverschuldung über dem Land. Spätestens am 17. Oktober ist die gesetzlich zulässige Obergrenze von fast 17 Billionen US-Dollar erreicht. Warum diese Ausgabenexplosion nicht endlich gestoppt wird, ist unbegreiflich.
Falls hier parlamentarisch keine schnelle Lösung gefunden wird, wäre das Land – in dem man gern abfällig die Finanzprobleme südeuropäischer Staaten beurteilt – pleite. Die Folgen dürften schlimmer sein als die von heute an drohende Zahlungsunfähigkeit des Bundes. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Betonköpfe beider Seiten in letzter Sekunde besinnen.
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