In seinem Buch “Der Niedergang des Westens” zeigt der Historiker Niall Ferguson, warum unsere demokratischen Gesellschaften langsam ihren Wettbewerbsvorteil in der Welt verlieren. Seine Diagnose kurz zusammengefasst: weil wir aus Desinteresse und Bequemlichkeit unser Institutionengefüge erodieren lassen und weil wir immer schlechter regiert werden.
Derzeit lässt sich in den USA verfolgen, was Ferguson damit meint. Die politische Polarisierung im US-Kongress und die Unfähigkeit beider Lager, Kompromisse einzugehen, macht Amerika nun zeitweise zum gescheiterten Staat, der seine Regierungstätigkeit in weiten Teil einstellen oder herunterfahren muss, weil der Kongress kein Geld mehr dafür bewilligt hat.
Als hätte Amerikas Ansehen und seine Stellung in der Welt unter der Wirtschaftskrise und Barack Obamas außenpolitischer Entscheidungsschwäche nicht schon genug gelitten. Nun fügt sich Amerika willentlich auch noch selbst zusätzlichen Schaden zu, den beide politischen Lager zu verantworten haben.
Obama bleibt stur
Obama sieht die neue Krankenversicherung, die Anfang des kommenden Jahres starten soll, als das wichtigste Erbe seiner Amtszeit an. So war er nicht einmal bereit, mit den Republikanern um ein Jahr Verschiebung zu verhandeln.
Die Konservativen erleben ihrerseits gerade einen Aufstand der republikanischen Abgeordneten, die sich in der einen oder anderen Weise der Tea-Party-Bewegung und ihrem Credo von weniger Staat und mehr Bewegungsspielraum für den Bürger zugehörig fühlen.
Der ideologisch reine Kampf gegen das, was sie als Einführung des Sozialismus sehen und als den Eintritt in einen quasi europäischen allumfassenden Fürsorgestaat ist ihnen wichtiger, als Amerika funktionsfähig zu halten.
Die Konservativen opfern den common sense
Auf der Strecke bleiben moderate Politikansätze und der common sense, den die meisten amerikanischen Bürger bevorzugen würden. Diesen common sense zu liefern ist die Politik aber immer seltener bereit.
Die politische Klasse Amerikas zeigt sich in den vergangenen Jahren ähnlich dysfunktional, wie wir das in der Euro-Krise in manchen europäischen Problemstaaten – etwa derzeit wieder in Italien – erleben konnten.
Offenbar braucht es die alten und neuen Rivalen Russland und China gar nicht, um den Westen die Treppe der Weltpolitik hinunterzuschubsen. Das erledigen wir im Zweifel sogar selbst.
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