USA drohen Afghanistan mit Komplettabzug
Afghanistans Präsident will das Sicherheitsabkommen mit den USA verzögern und stellt neue Forderungen. Die Amerikaner reagieren ungewöhnlich offen verärgert.
Im Streit um das geplante Sicherheitsabkommen mit Afghanistan haben die USA damit gedroht, alle ihre Soldaten im kommenden Jahr abzuziehen. Die Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice forderte den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai auf, das Abkommen “schnell” zu unterzeichnen. Ansonsten müsse Washington alle Soldaten abziehen.
“Ohne eine schnelle Unterzeichnung haben die USA keine andere Wahl, als die Planung für eine Zukunft nach 2014 zu beginnen, in der keinerlei Soldaten der USA oder der Nato mehr in Afghanistan präsent sind”, sagte Rice. Mit der Unterschrift dürfe keinesfalls – wie vom afghanischen Präsidenten beabsichtigt – bis nach den Wahlen in Afghanistan im kommenden Jahr gewartet werden. Dies sei “nicht machbar”.
Doch Karsai habe auch nach diesen direkten Warnungen nicht eingelenkt, berichtete die US-Regierung. Er habe stattdessen deutlich gemacht, dass er zu einer raschen Unterzeichnung noch in diesem Jahr nicht bereit sei. Der Staatschef forderte unter anderem, dass es keine Operationen von ausländischen Soldaten mehr in Wohngebieten geben dürfe. Der Friedensprozess mit den islamistischen Taliban müsse in Gang gesetzt werden und freie Wahlen stattfinden.
Das Verhältnis zwischen Afghanistan und den USA ist seit langem angespannt. Es ist allerdings ungewöhnlich, dass das Weiße Haus sich derart ungeschönt über den Konflikt äußert.
Dabei hatte die Loja Dschirga – die große Ratsversammlung in Kabul – dem Abkommen am Wochenende im Kern zugestimmt. Die Stammesführer beauftragten Karsai, das Abkommen bis Jahresende zu unterzeichnen und damit in Kraft zu setzen. Der Präsident will dies aber seinem Nachfolger überlassen, der im April 2014 gewählt werden soll. Karsai selbst darf bei der Wahl nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.
Für die USA ist die Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens, das unter anderem US-Truppen am Hindukusch Immunität vor der afghanischen Justiz garantieren soll, unabdingbare Voraussetzung für eine Truppenstationierung über 2014 hinaus. Nach derzeitigem Plan sollen alle ausländischen Kampftruppen bis Ende kommenden Jahres aus Afghanistan abziehen. Die USA wollen aber über 2014 hinaus Soldaten am Hindukusch lassen, um die afghanischen Sicherheitskräfte auszubilden und zu beraten. Ohne eine weitere Präsenz von US-Soldaten wird ein Aufflammen der Gewalt in Afghanistan befürchtet.
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