Obama und die Krim-Krise Strafen nur in kleinen Dosen
04.03.2014 • Amerikas Präsident reagiert nicht mit unbedingter Härte auf die russische Intervention. Obama setzt auf finanzielle Hilfen für die Ukraine und abgestufte Sanktionsdrohungen, um Moskau zum Einlenken zu bringen.
Von ANDREAS ROSS, WASHINGTON
Amerika reagiert auf die Ukraine-Krise mit Geben und Nehmen. Außenminister John Kerry landete am Dienstag in Kiew mit dem Versprechen im Gepäck, die dortige Führung mit einer Milliarde Dollar an Kreditgarantien zu unterstützen. Dem muss zwar noch der Kongress zustimmen. Schon deshalb blieb unklar, inwieweit die Hilfe an Bedingungen geknüpft ist, wie sie der Internationale Währungsfonds für Anpassungsprogramme stellt.
Doch der Regierung von Präsident Barack Obama geht es derzeit weniger um fiskalische Nachhaltigkeit als um eine politische Instant-Botschaft: Die Legitimität der von Putin herausgeforderten Übergangsregierung soll nicht durch finanzielle Engpässe erschüttert werden.
Washington bereitet Sanktionen vor
Ganz einfach gestaltet sich das Geben nicht, denn der IWF hat lebhafte Erinnerungen daran, wie kaltschnäuzig auch die westlich orientierte Regierung der damaligen Ministerpräsidentin Julija Timoschenko seine Auflagen missachtete. Noch komplizierter erscheint aber das Nehmen. Obama bekräftigte am Montag, dass seine Regierung „eine ganze Reihe“ wirtschaftlicher und diplomatischer Schritte prüfe, „die Russland isolieren sowie negative Auswirkungen auf die russische Wirtschaft und seinen Status in der Welt haben werden“. Die Sprecherin des Außenministeriums sekundierte ihm mit den Worten, dass Amerika „Sanktionen nicht nur erwägt. Es ist wahrscheinlich, dass wir sie verhängen, und das bereiten wir gerade vor.“ Doch Einzelheiten wurden nicht verraten. Lieber wird in Washington auf die „breite Palette an Optionen“ verwiesen.
Dass die Amerikaner kaum mit breit angelegten Wirtschaftssanktionen vorpreschen werden, solange sich die Hauptabnehmer des russischen Erdgases und wichtigsten Russland-Investoren in der EU dagegen sperren, deutete Kerrys Sprecherin mit diesem Satz an: „Wir suchen nach dem besten Weg, um die Leute zur Verantwortung zu ziehen.“ Demnach dürften zunächst gezielte Strafmaßnahmen wie Kontosperren und Reiseverbote gegen Beteiligte an der Besetzung der Krim beschlossen werden. Offen blieb, ob die Amerikaner bei der Abarbeitung der Befehlskette schon zu Beginn bis hoch in den Kreml zielen würden.
Rückzug von der Krim als Bedingung
Dagegen sprechen nicht nur Appelle aus Europa, Gesprächskanäle zu Präsident Wladimir Putin offenzulassen, sondern auch der Vorbehalt, unter den Obama jede Sanktionsdrohung stellt: Nur „wenn die Russen auf dem eingeschlagenen Kurs bleiben“, will er sie bestrafen. Allerdings hat das State Department beteuert, Moskau könne Sanktionen nicht dadurch abwenden, dass es lediglich auf eine Intervention in anderen Teilen der Ukraine verzichte. Ein Rückzug der Truppen von der Krim bleibt Amerikas Bedingung.
Die Maßnahmen, die Washington bereits ergriffen hat, sind eher symbolisch. Amerika setzte zunächst seine Teilnahme an allen G-8-Treffen und damit an der Vorbereitung des Gipfeltreffens aus, das Putin im Juni in Sotschi ausrichten wollte. Binnen 24 Stunden überzeugte Washington alle G-7-Partner davon, sich dem Boykott anzuschließen; Berlin hatte sich bei der Formulierung der Erklärung am längsten geziert. Ein Ausschluss Russlands aus der G 8 steht bisher nur als vage Drohung im Raum. Ohne Rücksprache mit den Europäern konnte Washington zudem Gespräche über ein bilaterales Handelsabkommen aussetzen. Diese waren erst vor kurzem aufgenommen worden – weil Obama ein gemeinsames Projekt mit Putin suchte, das Treffen rechtfertigen und Vertrauen stiften könnte.
Keine militärischen Schritte Amerikas
Am Montag teilte das Weiße Haus stattdessen mit, Obama werde keine Präsidentendelegation zur Eröffnung der Paralympischen Spiele am Freitag in Sotschi schicken – die amerikanischen Athleten könnten aber auf die Unterstützung des Oberbefehlshabers vertrauen. Schließlich verkündete das Pentagon, es setze die sogenannte Militärzusammenarbeit mit Moskau aus. In der Mitteilung schwang Bedauern mit: Obwohl das Verteidigungsministeriums den „Wert“ der in den vergangenen Jahren entwickelten Kontakte zwischen Militärführern erkenne, „um Transparenz zu erhöhen, Verständnis aufzubauen und das Risiko militärischer Fehlkalkulationen zu verringern“, seien diese nun auf Eis gelegt. Das Pentagon versicherte zugleich, dass die Streitkräfte keinerlei Truppen oder Schiffe verlegten, um auf die Krim-Krise zu reagieren.
Optionen für ein militärisches Eingreifen sehen selbst diejenigen Republikaner nicht, die Obama beschuldigen, mit Kürzungen im Wehretat und leeren Drohungen Putin regelrecht ermuntert zu haben, Amerika nicht ernst zu nehmen. Unklar blieb, ob Obama einem seiner Kritiker, Senator John McCain, an anderer Stelle zustimmt. Die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, schimpfte McCain, sei „sehr enttäuschend“. Wie schon bei der Libyen-Intervention (als Berlin sich im UN-Sicherheitsrat enthielt) zögen sich die Deutschen „aus allem heraus“. Putin, orakelt McCain, kenne Merkel ja und glaube wohl deshalb, dass er mit seinem Vorgehen durchkommen werde.
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