Amerikas Regierung ist optimistisch und erwartet eine Wachstumsbeschleunigung in diesem Jahr. Auf 3,1 Prozent oder ein bisschen mehr schätzen die Ökonomen von Präsident Barack Obama das Wachstum, auf 3,4 Prozent soll es 2015 steigen. Das ist deutlich mehr als die 1,9 Prozent im vergangenen Jahr und einen Tick zuversichtlicher als die Erwartungen von Bankvolkswirten. Der Optimismus der Regierung muss dabei nicht sonderlich übertrieben sein. Lässt man das unberechenbare Rezessionsjahr 2009 außen vor, lag die Obama-Regierung mit ihren Wachstumsprognosen am Jahresbeginn in drei von vier Jahren recht gut.
Die konjunkturelle Lage an diesem Jahresanfang ist indes unsicherer als gewöhnlich. Der sehr kalte Winter hält die Wirtschaft in seinem Bann. Viele Wirtschaftsindikatoren haben zuletzt enttäuscht, vom Autoabsatz über Stimmungsumfragen bei Verbrauchern und Unternehmen bis hin zum Immobilienmarkt. Die jüngsten Nachrichten vom Arbeitsmarkt, an dem im Februar trotz eisiger Kälte in großen Landesteilen 175.000 neue Stellen entstanden, waren aber überraschend ordentlich. Das hat die Sorgen, die Abschwächung könne mehr als den Winter anzeigen, erheblich gedämpft. Doch bleibt Unsicherheit zurück. Mit der üblichen Verzögerung der statistischen Daten wird man erst im April oder Mai sehen, ob der kalte Winter nur eine kleine Delle in der wirtschaftlichen Erholung war, die eine erfreuliche Gegenbewegung nach sich ziehen wird.
Krise wird abgeschüttelt
Einige grundlegende Faktoren sprechen dafür, dass auch mittelfristig Zuversicht geboten ist. Vor allem hat sich die finanzielle Lage der privaten Haushalte mehr als fünf Jahre nach der Finanzkrise deutlich verbessert. Das Nettofinanzvermögen der privaten Haushalte erreichte am Jahresende 2013 den Rekordwert von 80,7 Billionen Dollar, 5 Prozent mehr als das Hoch im Jahr vor der Rezession. Die Verbindlichkeiten der Haushalte betrugen zuletzt nur noch 109 Prozent des verfügbaren Einkommens. Im Krisenjahr 2008 waren es noch mehr als 130 Prozent. Diese Zahlen sind Durchschnittswerte und verdecken große Unterschiede zwischen den Haushalten. Dennoch belegen sie, dass die Vereinigten Staaten in der wirtschaftlichen Gesundung nach der Überschuldungs-Krise weit vorangekommen sind. Das sollte mittelfristig den Konsum stärken, zumal wenn die Hauspreise weiter steigen und die Arbeitslosigkeit sinkt. Zuletzt wuchs der Konsum moderat, dabei aber robust.
Die Chance auf einen sich selbst tragenden Aufschwung gründet auch darin, dass die schleppende Erholung nach der Krise ungewöhnlich verlief. Konsum und Hausinvestitionen, die üblicherweise nach einem Konjunkturtief schnell anziehen, kamen in dieser Erholung als Folge der geplatzten Hauspreisblase ungewöhnlich spät. Im Gegenzug haben sie nun noch Spielraum nach oben. Die Investitionen der Unternehmen dagegen stiegen nach dem Tiefpunkt ungewöhnlich rasch, auch als Folge von Sonderabschreibungen. Dann ließen sie nach. Mit der steigenden Kapazitätsauslastung und Industrieproduktion dürften sie nun wieder anziehen.
Steigender Kohlendioxidausstoß
Kurzfristig und temporär, aber im Ausmaß gewichtig kann sich als Rückschlagsrisiko erweisen, dass die Unternehmen die Läger im zweiten Halbjahr 2013 weit überdurchschnittlich auffüllten. Mittelfristig hilft den Unternehmen angebotsseitig, dass die Obama-Regierung trotz ihrer Vorliebe für Umweltregulierungen und gerade wegen der angestrebten Verringerung des Kohlendioxidausstoßes den rasanten Aufschwung der Schiefergasförderung nicht behindert hat. Das schafft nicht nur direkt Arbeitsplätze, sondern hilft mehr noch Unternehmen und Investitionen durch niedrige Energiepreise.
Die Regierung zelebriert als positiven Faktor für die Konjunktur die Fiskalpolitik. Das stimmt nur zum Teil. Positiv ist, dass mit der Einigung im Haushaltstreit und der Anhebung der gesetzlichen Schuldenobergrenze fiskalpolitische Unruhe und Sorgen wegen der kurzfristigen Zahlungsfähigkeit des Schuldners Vereinigte Staaten bis ins Jahr 2015 aus dem Weg geräumt sind. Weil die Republikaner klein beigaben, ist der Preis dafür ein verlangsamter Defizitabbau. Erst 2018 soll das Defizit von zuletzt 4,1 Prozent auf weniger als 2 Prozent sinken. Ehrgeizig ist das nicht.
International treten die Vereinigten Staaten mit der robuster wachsenden Wirtschaft fordernder auf. Der Druck auf Länder mit Außenhandelsüberschuss wie Deutschland wird zunehmen. Im Inneren führen die günstigeren Konjunkturaussichten dazu, dass Obama mehr als zuvor auf Abwege gerät und sich in Forderungen wie höhere Mindestlöhne verbeißt. Diese werden die Gesundung des Arbeitsmarkts behindern, anstatt mehr Einkommen und Nachfrage zu generieren, gerade weil die schwere Rezession und die schleppende Erholung eine große Zahl an Langzeitarbeitslosen hinterlassen haben. Geldpolitisch scheint dabei das Ende der Anleihekäufe durch die Notenbank Fed besiegelt. Folgt die amerikanische Konjunktur den Prognosen, dürfte spätestens im Herbst die Debatte über erste Zinserhöhungen Fahrt aufnehmen.
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