Wie soll Bill sich bloß nennen, wenn Hillary siegt?
Von Clemens Wergin
31.01.15
Was ist das Äquivalent zur “First Lady”? In einer Kochshow wurde Bill Clinton gefragt, wie man ihn denn nennen solle, wenn Ehefrau Hillary US-Präsidentin würde. Seine Replik fiel originell aus.
Es ist selten, dass protokollarische Fragen von staatstragender Wichtigkeit in Kochshows erörtert werden. Und eigentlich war Bill Clinton in Rachael Rays Show gekommen, die am Donnerstag ausgestrahlt wurde, um Chili mit schwarzen Bohnen und Kürbis zuzubereiten und Werbung für die noch immer nicht erklärte, aber immer wahrscheinlicher werdende Präsidentschaftskandidatur seiner Frau zu machen.
Aber da er nun schon mal da war, stellte Rachael Ray eine knallharte investigative Politik-Frage: “Es gibt die Möglichkeit, dass Sie noch einmal ins Weiße Haus zurückkehren, wenn Hillary unsere neue Präsidentin wird.” Sie würde wirklich gern wissen, “wie Sie dann genannt werden würden, wären Sie ,der erste Kerl’ (“first fella”) oder ,Herr und Frau Präsident’?”
Bill Clinton war sichtlich überrumpelt. Nein, darüber habe er noch nicht nachgedacht, sagte er mit seiner charakteristischen, heiseren Stimme. Und dann tastete er sich heran, offenbar in Gedanken nach einer Pointe suchend. “Wenn der Präsident ein Mann ist, dann wird seine Partnerin Lady genannt, aber wir müssten über diese Brücke (eine Alternative dazu zu finden, d. Red.) gehen, wenn jemals ein schwules Paar ins Weiße Haus einziehen würde”, sagte Clinton. “Aber wenn eine Frau Präsidentin werden würde, dann könnte ich Adam genannt werden, der erste Mann.” Ganz offenbar hatte Clinton die gesuchte Pointe gefunden: Der vor allem mit Frauen besetzte Zuschauerraum johlte.
Man hört nie auf, Würdenträger zu sein
Diese Antwort ist psychologisch interessant, weil Clinton offenbar tatsächlich annimmt, er werde der erste Ehemann einer US-Präsidentin sein. Gleichzeitig ist die Titelfrage aber eine, die durchaus auch seriöse Beobachter der Politszene umtreibt und nicht nur Kochshow-Moderatoren. Amerika ist ein Land, dass stolz ist auf seine altehrwürdigen demokratischen Traditionen und es liebt, die Spitzenpositionen mit protokollarischem Pomp auszustatten.
Selbst nach dem Rückzug aus dem Amt werden ehemalige Würdenträger weiter mit “Herr Präsident”, “Frau Botschafterin”, “Herr Minister” oder “General” angesprochen. Im Falle Bill Clintons schafft das ein doppeltes Problem. Nicht nur, dass man erstmals in der amerikanischen Geschichte eine männliche Bezeichnung für den Ehepartner des Präsidenten finden muss. Es ist auch nicht klar, ob Clinton dann bei gemeinsamen Auftritten weiterhin mit “Mr. President” angesprochen werden sollte und damit in Titelkonkurrenz zu “Mrs. President” Hillary Clinton treten würde. Manche wittern darin schon die Chance, alte Zöpfe abzuschneiden.
Auch in der Populärkultur, die in Filmen oder Büchern längst die erste Präsidentin vorweggenommen hat, ist man sich über die richtige Bezeichnung des Gatten uneins. Der erste Film, der eine Präsidentin eingeführt hat, war 1964 “Kisses for My President” mit der inzwischen verstorbenen Polly Bergen in der Hauptrolle. Ihr Filmpartner Fred MacMurray wurde auf den Plakaten als “First Male First Lady”, die erste männliche First Lady, betitelt. Aber das war auch eine Komödie, niemand hat damals ernsthaft angenommen, dass der Fall in absehbarer Zeit eintreten könnte.
Der Herr muss einen Namen haben
Seitdem hat es viele Vorschläge für den neu zu schaffenden Titel gegeben: “First Husband” (“erster Ehemann”) etwa. Marcus Bachmann, der Mann der ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidatin Michelle Bachmann, schlug “First Spouse” vor (also “erster Ehegatte”). Todd Palin, Gatte von Sarah Palin, sagte im Wahlkampf 2008, er würde gerne “First Dude” genannt werden (“erster Kumpel”). Und Laura Bush, einst First Lady von George W. Bush, findet “First Gentleman” am passendsten.
Das ist auch der Titel, auf den sich die “National First Ladies’ Library” festgelegt hat, in der die Dokumente der Präsidentengattinnen gesammelt werden. Wahlweise könne man die Kurzform “First Gent” verwenden, heißt es im Blog der Bibliothek. Bill Clinton selbst hatte 2007 schon mal scherzhaft gesagt, er würde das schottische “First Laddie” bevorzugen (“erster Bursche”).
Ob Adam, Laddie oder Gentleman: Amerika würde am Ende sicher einen eingängigen Titel finden, der schnell in den Sprachgebrauch übergeht – anders als im Falle von Angela Merkels Mann Joachim Sauer, für den sich wegen seiner seltenen Auftritte eigentlich nie ein stehender Begriff eingeschliffen hat. Kanzlerinnengatte, Ehemann der Kanzlerin, ironisch “First Husband” – so richtig wollte da nichts haften bleiben. Das würde mit Bill Clinton sicher nicht passieren. Die viel wichtigere Frage für eine Präsidentin Hillary wäre wahrscheinlich, was tun mit diesem charismatischen und populären Mann an ihrer Seite? Wie soll sie seine Energien kanalisieren, ohne dass der Eindruck entsteht, es handele sich nur um eine weitere Präsidentschaft Bills und nicht eine Hillarys?
Zweite Geige für Billy Clinton
Laura Bushs Rat für den “First Gentleman” in einem Fernsehinterview war, “sich zurückzuhalten und leise zu sein”. Das sind nicht gerade Qualitäten, für die Bill Clinton bekannt ist. Laura Bush meinte, vielleicht würde dann endlich mal diese Fixierung der Öffentlichkeit auf die Kleider oder die Frisur des Präsidentenpartners aufhören, die sie ganz offenbar sehr genervt hat während ihrer eigenen Zeit im Weißen Haus.
Womit ein “First Gentleman” sich den ganzen Tag beschäftigen könnte? “Ich hoffe, sie kümmern sich vielleicht um die Gesundheit von Männern”, meinte Bush, was man durchaus als ironischen Seitenhieb verstehen kann auf die Art von Beschäftigung, die für First Ladys als akzeptabel erscheint. Schwer vorzustellen, dass das einen Bill Clinton ausfüllen würde. Aber noch ist es ohnehin ein weiter Weg bis ins Weiße Haus.
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