Down with the Men’s Club

<--

Nieder mit dem Männerclub

Von KONRAD EGE

27.05.2015

Hillary Clinton Die ehemaligen Außenministerin geht als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten ins Rennen: Es wird Zeit, dass endlich eine Frau die USA regiert

Hillary Clinton ist bei den Demokraten so etwas wie die erste Wahl. Starke Rivalen sind nicht in Sicht. Mit einem klugen und unerwarteten Video hat sie sich als Präsidentschaftskandidatin vorgestellt. Keine Details, keine Attacken, vielmehr Bilder von einem multiethnischen Wunschamerika, jung und alt, mit starken Frauen, im Ton optimistisch und mit der Botschaft: Ich werde für euch kämpfen, für die normalen Menschen des Alltags. Der permanente Wahlkampf in den USA ist Show und Theater. Ronald Reagan hatte einst das Prinzip Hoffnung verstanden mit seinem „es ist wieder Morgen in Amerika“. Barack Obama erwies sich als Meister der Sehnsucht nach einem „besseren Amerika“. Das Team Clinton hat offenbar Lehren gezogen aus der Vorwahl-Niederlage 2008 gegen Obama. Geld dürfte diesmal kein Problem sein dank ihrer Freunde in Silicon Valley, Hollywood und Wall Street.

Der Ausgang von Clintons Offerte an Amerika ist dennoch ungewiss. An die 15 republikanische Bewerber warten in den Startlöchern. Am besten ausgestattet ist wohl Jeb Bush, einstiger Gouverneuer von Florida und die vermeintliche Nr. 3 in der Präsidentendynastie. Aber auch er muss erst noch durch einen Vorwahl-Dschungel. Wer dort seine konservative Gesinnung nicht scharf genug unter Beweis stellt, wird abgestraft.

Gibt es im November 2016 nur die Wahl zwischen zwei Dynastien? Die ehemalige First Lady, Senatorin und Ex-Außenministerin Hillary Clinton bewegt sich seit Jahrzehnten im Penthouse des Machtestablishments. Eine Millionärin, die 100.000 Dollar kassiert für Vorträge, hat ein Glaubwürdigkeitsdefizit bei der Behauptung, sie identifiziere sich mit der Mittelklasse. Links – was das auch immer in den USA heißen mag – war die demokratische Politikerin noch nie. Nur macht es natürlich einen Unterschied, ob Clinton nach der Wahl im November 2016 ins Weiße Haus einzieht oder Jeb Bush. Oder welcher andere Kandidat auch immer für die Republikaner antritt. Deren Mehrheit im Kongress gibt einen politischen Vorgeschmack: Die Konservativen wollen die Krankenversicherung abschaffen und Steuergesetze zugunsten der Reichsten ändern. Der Atomdeal mit dem Iran wird verteufelt und nach Kräften sabotiert, die Republikaner wollen Waffen in die Ukraine schicken und protestieren gegen die entkrampften Beziehungen zu Kuba. Einen Klimawandel zeichnet sich nicht ab bei Clintons Konkurrenz.

Bevor Barack Obama Präsident wurde, wollten manche seiner Anhänger, besonders die im Ausland, an einen Wandel glauben. Gesellschaftlich ist der eingetreten, ökonomisch blieb er aus. Die Armutsrate ist heute höher als 2008. Bei Hillary Clinton sind die Hoffnungen bescheidener. Erwartet wird eine Politik der kleinen Schritte hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Außenpolitisch kann man bei ihr realpolitisch grundierte Zurückhaltung erhoffen, die eine Welt annimmt, in der die USA keine Ordnungsmacht sein können.

Clinton reflektiert die Zustände in einem Land, in dem nur 6,5 Prozent der Beschäftigten im Privatsektor gewerkschaftlich organisiert sind, und in dem einige fortschrittliche Gruppen alle vier Jahre klagen, es gebe keine „wirkliche Alternative“. Allerdings wird auch zwischen den Wahlen wenig dafür getan, dass es eine gibt. Doch abgesehen von dieser Misere: dass in den USA erstmals eine Frau regiert, ist so überfällig wie die Auflösung des elitären Männerclubs in Washington. Hillary Clinton wäre eine hervorragende Präsidentin, ist nicht nur Obama überzeugt.

About this publication