Merkel and Obama – A Sweet and Spicy Mustard

<--

Merkel und Obama verbindet eine gute und zutiefst pragmatische Beziehung. In der Weißwurst-Analogie: Die deutsch-amerikanische Beziehung kommt für manche bitter daher wie der schärfste Dijon, für andere ist sie tatsächlich süß. Beides stimmt. Und das ist ihr Problem.

Kommentar von Stefan Kornelius

Kann Senf überhaupt süß sein? In Bayern schon, weil man da die scharfen und bitter schmeckenden Senfkörner röstet und anschließend mit Apfelmus oder Honig versetzt. So treibt der Senf die Tränen plötzlich nicht mehr in die Augen sondern umschmeichelt die Weißwurst und den Leberkäs.

Süßer Senf ist quasi Teil einer bajuwarischen Schönfärberei und passt damit bestens zum deutsch-amerikanischen Freundschaftsfest, das die Kanzlerin und der Präsident in der Kulisse von Elmau gefeiert haben.

Zur Wahrheit über diese deutsch-amerikanische Beziehung gehört: Für manche kommt sie bitter daher wie der schärfste Dijon, für andere ist sie tatsächlich süß und wohlschmeckend. Beides stimmt. Und das ist ihr Problem.

Angela Merkel und Barack Obama verbindet eine gute und zutiefst pragmatische Beziehung. Obama überlässt der Kanzlerin die Führung bei der Eindämmung der europäischen Probleme.

Das macht diese Probleme manchmal größer, was nicht Merkels Schuld ist. Aber Großmächtige wie der russische Präsident Wladimir Putin wollen Anerkennung und reden von Augenhöhe und begnügen sich nicht immer nur mit der Aufmerksamkeit des großen Ameisenhaufens EU. Wie wichtig Psychologie im außenpolitischen Spiel ist, wird ja gerade in Elmau demonstriert.

Deutsch-amerikanische Probleme brauchen mehr Aufmerksamkeit

Kanzlerin und Präsident sind also aufeinander angewiesen und kommen mit dieser Abhängigkeit ganz gut zurecht. Obama macht Merkel größer, auch weil er der zutreffenden Meinung ist, dass die Europäer ihre Nachbarschaft selbst in Ordnung halten müssen.

Umgekehrt muss die Kanzlerin eingestehen, dass sie die USA nicht nur aus politischem Kalkül an der Seite haben will, sondern dass Deutschland dieses Land ganz praktisch braucht – und sei es bei der Aufklärung von Gefahren mithilfe der Nachrichtendienste.

Hier kommt der bittere Teil der Beziehungen ins Bild, denn dieses Wechselspiel in Fragen von Anerkennung, Lastenteilung und Abhängigkeit wird längst nicht mehr von einer Mehrheit in Deutschland akzeptiert.

G-7-Gipfel allein löst gemachte Fehler nicht

Da hat eine Kaskade katastrophaler Nachrichten über zwei Jahre hinweg die Substanz der Beziehungen an – bis aufgefressen. Ein allemal gerne gepflegter Antiamerikanismus wurde genährt von Spionage-Eskapaden, Handelsdebatten und einem grassierenden Gefühl, nicht verstanden oder gehört zu werden.

Viele Fehler sind begangen worden, vieles wird untersucht, vieles bleibt im Schatten. Gravierende Fehler politischer Kommunikation werden wieder und wieder repetiert.

Das liegt in der Natur der Themen, über die gestritten wird – die Dienste taugen nur bedingt für eine öffentliche Diskussion. Das liegt aber auch in der Natur der politischen Führung, die viel zu spät und viel zu zögerlich diese transatlantischen Beziehungen verteidigt und pflegt.

Weißwurst, Weißbier und weiß-blauer Himmel machen gute Bilder und gute Laune. Wer den deutsch-amerikanischen Teil der Weltpolitik für wichtig hält muss mehr reisen, reden und erklären.

About this publication