Ein rechter Mann
Von Christoph von Marschall
01.01.2016
Republikaner, die sich weder vorstellen können noch wollen, dass Donald Trump Präsidentschaftskandidat wird, setzen derzeit auf zwei von dessen Rivalen, den moderaten Marco Rubio und den ideologischen Rechtsaußen Ted Cruz. Beide sind kubanischer Abstammung, erst Mitte 40 und verkörpern auf ihre Art eine konservative Antwort auf Barack Obama. Sie werben mit der Aura jugendlicher Energie und einer Aufsteiger-Biografie, wie Amerikaner sie lieben: vom Kind mittelloser Einwanderer über das Studium an Eliteuniversitäten dank der Förderprogramme für Minderheiten bis an die Spitze der Gesellschaft.
Ted Cruz aber ist der Mann der Stunde. Mitte Dezember hat er Trump in den Umfragen für Iowa, den ersten Vorwahlstaat, überholt und führt stabil. In zwei weiteren der vier frühen Staaten, South Carolina und Nevada, liegt er an zweiter Stelle – und ebenso sogar in Florida, Rubios Heimatstaat. Nur in New Hampshire macht Rubio Cruz den Rang des aussichtsreichsten Trump-Verhinderers streitig.
Cruz ist es bisher freilich nicht gelungen, Trump-Anhänger zu sich herüberzuziehen. Seinen Aufstieg verdankt er vor allem den religiösen Wählern, die in Iowa entscheidenden Einfluss haben. Sie hatten zuvor den schwarzen Neurochirurgen Ben Carson unterstützt. Als der strauchelte, umwarb Cruz sie mit Werbeclips, in denen er sich als Verteidiger der zehn Gebote anpries. Außerdem ist er der Kandidat, auf den sich nun die Parteirechte und die Tea Party konzentrieren, nachdem ihre ursprünglichen Favoriten im Wahlkampf nicht den nötigen Erfolg hatten.
Cruz ist 1970 in Kanada geboren – was noch zu einem Problem werden kann, da nur in den USA geborene Bürger Präsident werden dürfen. Seine Anhänger sagen, er sei per Geburt ein „natural born citizen“, da seine Mutter Amerikanerin ist. Als er vier war, zog die Familie nach Texas. Er studierte Politikwissenschaft in Princeton und Jura in Harvard, arbeitete für den Obersten Richter William Rehnquist, eine Galionsfigur konservativen Verfassungsdenkens, und gehörte zu George W. Bushs juristischen Beratern. Seit 2012 vertritt er Texas im US-Senat.
Unter Kollegen im Kongress ist Cruz wegen seines rücksichtslosen Vorgehens unbeliebt; den Parteiapparat hat er gegen sich. Konservative Kommentatoren nennen ihn „schmierig“. Gut möglich, dass er zwar Trump in den frühen Vorwahlen besiegt, aber ein anderer Präsidentschaftskandidat der GOP wird.
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