Tod bei Zwangsräumung
USA: Polizist erschießt Zwölfjährige. Hunderttausende verlieren Wohnungen
Von Jürgen Heiser
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Ein Polizist trifft zu einer Zwangsräumung in der Stadt Fullerton (Kalifornien) ein (18. Juni 2009)
Foto: Lucy Nicholson/Reuters
Bei der Zwangsräumung einer Wohnung im US-Bundesstaat Pennsylvania hat ein Polizist ein zwölfjähriges Mädchen erschossen. Wie die Nachrichtenplattform PennLive.com am Mittwoch berichtete, wurde Ciara Meyer Opfer einer Auseinandersetzung zwischen ihrem Vater und dem Beamten, der dem Mieter einen richterlichen Zwangsräumungsbefehl aushändigen wollte. Der 46jährige Polizeibeamte Clarke Steele hatte am Montag morgen an der Wohnungstür der Meyers in Duncannon, rund zehn Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Harrisburg, geklopft. Nach Angaben des Polizeisprechers Rob Hicks hatte der 57jährige Donald Meyer, der die Tür öffnete, ein Sportgewehr geschultert. Nach einem kurzen Disput über den Räumungsbefehl soll Meyer sein Gewehr von der Schulter genommen und auf den Brustkorb des Beamten gerichtet haben. Steele habe daraufhin seine Dienstwaffe gezogen und Meyer in den linken Oberarm geschossen. Das Projektil durchschlug den Arm des Mannes und traf die hinter ihrem Vater stehende Ciara, die noch am Ort des Geschehens ihren schweren Verletzungen erlag. Angestellte des Apartmentkomplexes, die für die Räumung bereitstanden, waren Zeugen des Vorfalls.
Der Vater des Mädchens wurde verhaftet und inzwischen wegen einfacher sowie schwerer Körperverletzung, grob fahrlässiger Gefährdung Dritter und wegen »terroristischer Bedrohung« angeklagt. Ob auch gegen den Polizisten Anklage erhoben werden soll, wollte Bezirksstaatsanwalt Andrew Bender von Perry County gegenüber PennLive.com nicht sagen. Die Ermittlungen liefen noch. Auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Dienstwaffengebrauchs ließ Bender unbeantwortet.
Meyer und seine Ehefrau Sherry schuldeten ihrem Vermieter 1.780,85 US-Dollar (rund 1.640 Euro) Miete und Nebenkosten. Weil trotz Mahnverfahren Zahlungen ausblieben, hatte der Hauseigentümer bei Gericht den Räumungsbefehl erwirkt. In Pennsylvania bleiben Mietern nur zehn Tage Frist zum Begleichen von Mitschulden, danach ist der Vollzug der richterlich angeordneten Zwangsräumung jederzeit möglich.
In den vergangenen Jahren wiesen Kommunen und Sozialverbände in den USA wiederholt auf die steigende Zahl von Zwangsräumungen hin. »Viele Menschen können die steigenden Mieten nicht mehr zahlen, aber nicht wenige werden auch aufgrund fadenscheiniger Vorwände von ihren Vermietern auf die Straße gesetzt, weil diese auf betuchtere Mieter aus sind«, meldete dazu im Oktober 2014 CNN. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der USA sind die Mieten im Jahr 2014 um sieben Prozent gestiegen, die Einkommen im gleichen Zeitraum jedoch nur um 1,8 Prozent. Ein durchschnittlicher Haushalt muss 30 Prozent des Einkommens für die Miete aufwenden. Eine größere finanzielle Notlage oder unerwartete Ausgaben reichten dann schon für den Mietrückstand, hieß es in dem CNN-Bericht. Und dann folge sehr schnell die Räumungsklage.
Die Rechtsberatungsstelle »Neighborhood Law Clinic« an der juristischen Fakultät der University of Wisconsin warnt davor, dass »mehrere Millionen Familien landesweit vor der Zwangsräumung stehen«. Im Bundesstaat sei die Zahl dieser Zwangsmaßnahmen innerhalb der letzten Dekade jährlich angestiegen und läge nun »bei 28.000 pro Jahr«. Im Südstaat Georgia mit seiner vorwiegend schwarzen Bevölkerung ist einer von fünf Haushalten von Räumungsklagen bedroht, mehr als 200.000 wurden 2014 vollstreckt. In den meisten Fällen waren die Betroffenen nicht mehr in der Lage, die ständig steigenden Mieten zu bezahlen. In der Sonnenmetropole San Francisco hatte der Zuzug Tausender hochbezahlter IT-Fachleute die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zur Folge. Die Wohnungsbehörde verzeichnete in diesem Zusammenhang für 2014 rund 2.100 ungerechtfertigte Räumungsklagen in der Stadt, eine Steigerung von 45 Prozent in nur drei Jahren. Mehr als 5.000 Räumungen wurden vollzogen.
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