Dirty Heirs

<--

Schmutzige Erben

Eine Kolumne von Martin Klingst

Barack Obama wird als einer der ehrlichsten und saubersten Präsidenten in die US-Geschichte eingehen. Eine große Leistung, wenn man die potenziellen Erben betrachtet.

7. März 2016, 7:48 Uhr 77 Kommentare

© Nicole Sturz

Wann hat es das schon einmal gegeben, außer in den Seifenopern des Fernsehens? Das republikanische Establishment warnt die Parteimitglieder eindringlich davor, den gegenwärtigen Favoriten Donald Trump zum Präsidentschaftskandidaten zu küren. Die republikanischen Bewerber fallen wütend übereinander her und beschimpfen sich gegenseitig als Aufschneider und Großmäuler. In den Debatten geht es nicht mehr um Politik, sondern um die Größe der Hände und anderer männlicher Extremitäten. Tiefer kann ein Wahlkampf nicht sinken.

Die Demokraten benehmen sich gesitteter, aber auch ihre Favoritin Hillary Clinton halten viele für eine ausgemachte Lügnerin. Laut Umfragen traut die Mehrheit der amerikanischen Wähler (nicht der Parteigänger!) weder Hillary Clinton noch Donald Trump. Im allgemeinen Volk sind die beiden Spitzenreiter besonders unbeliebt.

Traurig, aber wahr: Wer auch immer als nächster Präsident ins Weiße Haus einzieht, hat Dreck am Stecken. Ted Cruz, republikanischer Senator aus Texas, musste sich bereits mehrfach für die Verbreitung von Unwahrheiten über seine Konkurrenten entschuldigen. Marco Rubio, republikanischer Senator aus Florida, frisierte seine Biografie und behauptete, seine Eltern mussten vor dem kubanischen Diktator Fidel Castro fliehen. Außerdem war er in seinem Heimatstaat in merkwürdige Immobiliengeschäfte verstrickt.

Studenten abgezockt

Am Heftigsten aber trifft der Vorwurf auf Trump und Clinton zu. Der Immobilienmagnat Trump gründete zum Beispiel einst eine eigene Universität, die seinen Namen trug. An ihr sollten Studenten lernen, wie man Immobiliengeschäfte betreibt. Doch statt die Studenten auszubilden, wurden sie geschröpft.

Laut einer vom New Yorker Generalstaatsanwalt betriebenen Klage bezahlten 5.000 Menschen etwa 40 Millionen Dollar. Allein ein Viertel der Summe, heißt es, sei in Trumps Tasche geflossen. Interne Dokumente würden belegen, schreibt die New York Times, dass es die Universität in erster Linie darauf anlegte, dass ihre Studenten für teures Geld einen Lehrkurs nach dem anderen kauften.

Rücksichtslosigkeit und brutale Eigensucht wird Trump auch bei anderen Geschäften nachgesagt. Reihenweise habe er Kunden übers Ohr gehauen, Firmen in die Pleite geführt und Arbeitern Gehälter unterhalb des Mindestlohns bezahlt.

Dubiose Spenden und horrende Honorare

Skandale pflastern ebenso Hillary Clintons Weg, selbst in jüngster Zeit. Nach ihrem Ausscheiden als Außenministerin verdiente sie Millionen mit Vorträgen. Einige hielt sie für horrende Honorare auf der Wall Street. Gerne wüsste man, welchen Rat sie den Finanzjongleuren erteilte, fordert sie doch als demokratische Präsidentschaftskandidatin strengere Regeln für Finanzgeschäfte. Doch bislang weigert sie sich standhaft, ihre Redemanuskripte offenzulegen.

Dubios bleiben auch nach wie vor etliche Spenden für die von ihrem Ehemann Bill gegründete Clinton Foundation. Auch hier mischte Hillary Clinton in den vergangenen Jahren kräftig mit. Außerdem ist es gut möglich, dass sie sich alsbald vor Gericht verantworten muss. Denn als Außenministerin benutzte sie für ihren beruflichen E-Mail-Verkehr zeitweilig einen privaten Account und einen privaten Server. Auf diesem Wege hat Clinton augenscheinlich auch einige vertrauliche Botschaften versendet.

Egal wie man dereinst die acht Jahre Obamas politisch bewerten wird, unbestritten ist dem 44. Herrn im Weißen Haus schon jetzt ein historisches Verdienst gewiss: Er wird wahrscheinlich als einer der ehrlichsten und saubersten Präsidenten der Vereinigten Staaten in die Geschichtsbücher eingehen – und seine Präsidentschaft als eine der skandalfreisten der letzten hundert Jahre.

So weit man weiß und in den vergangenen sieben Jahren erleben konnte: keine Affäre, keine dreisten Lügen, keine Intrigen, keine krummen Geschäfte, keine obskure Kumpanei mit windigen Menschen. Angesichts des schmutzigen Wahlkampfs um die Nachfolge Obamas und angesichts der deprimierenden Bewerberschar für die Präsidentschaft Nummer 45 ist das kein geringes Verdienst.

About this publication