Der irre Donald macht Hillary erträglich
Von Tom Schimmeck
Donald Trump ist unser Schreckensbild. Und er ist es nicht allein. Nach 16 Minuten Cruz musste ich Luft schnappen gehen.
Völlig absurd, dieser krasse Trump-Typ. Der irre Donald. Sieht man doch gleich: Ein Scherzartikel aus der Muppet-Show. Ähnlich dachten die Älteren schon über Ronald Reagan. George Walker Bush war dann auch kein Witz. 2005 sollte in der Sesame Street übrigens tatsächlich ein „Donald Grump“ auftreten – mit blonder Tolle. Doch schaffte es die Puppe nie auf den Fernsehschirm.
Was ist so besonders an Trump? Die Frisur? Der Kontostand? Das Wolkenkratzer-Ego? Diese lärmende Fuck-you-all-Attitüde? Dass er immer klingt, als habe er was genommen. Er beteuert, niemals Drogen, Alkohol, Tabak angerührt zu haben, nicht einmal Kaffee. Erst letzte Woche sprach der Trump: „I am a truth-teller and I will tell the truth.“ Wahrlich ich sage Euch.
Ich hatte noch nicht das Vergnügen, ihn persönlich bestaunen zu dürfen, wohl aber Konkurrenten wie Marco Rubio und Ted Cruz. Rubio, der noch mehr Steuersenkungen, noch mehr Militär und zugleich einen ausgeglichenen Haushalt verspricht, wird uns neuerdings als Mann der Mitte präsentiert. Was nur zeigt, in welch furchterregenden Gefilden die politische Mitte der USA verschollen ist. „Früher wäre ich wohl geschockt gewesen: die johlende Menge, die bellenden Kandidaten…“, notierte der TV-Kritiker der „New York Times“ nach dem letzten Schlagabtausch der republikanischen Kerle auf Fox News. „Aber diese Zeiten sind vorbei. Die Erinnerung verblasst schon. Das ist jetzt unser Leben.“
Cruz ist Extremist
Um zu Cruz zu gelangen, muss man noch mindestens dreimal rechts abbiegen. Er ist Extremist. Mit dem öligen Charme des Quacksalbers, der die Pest beschreit, um dann seine kleinen bunten Pillen als rettendes Gegenmittel aus dem Koffer zu ziehen. Cruz reitet wie Trump, den wachsenden Zorn jener Bürger, die sich bedroht und betrogen fühlen, die generalempört sind über alles und jeden und Washington. Er vereint den Furor der Tea Party mit dem der Bibelschwenker. Er wirkt, als freue er sich schon darauf, das erste Bombardement zu befehlen. Er wird dann sagen, was er immer sagt: „Gott segne Euch!“
Nach 16 Minuten Cruz musste ich raus aus dem Saal, um Luft zu schnappen. Dem Polizisten vor der Tür erklärte ich: „Der will die Welt anzünden.“ Der Uniformierte zuckte nur mit den Schultern. Dann kam Cruz heraus und walzte händeschüttelnd durch die begeisterte Menge. Er roch nach Größenwahn – und Angst.
Wir müssen lernen, noch paradoxer zu denken. Klar, auch Donald Trump steht für die Todesstrafe, für noch mehr Waffen („they save lives“) und hält den Klimawandel für einen Schwindel. Aber er ist kein Krieger. Auch bei sozialen Fragen und Themen wie Abtreibung wanderte der Immobilienmogul weiter nach rechts, um Fans von Leuten wie Cruz zu gefallen.
So ist Trump wohl nur das derzeit augenfälligste Symptom eines Verfallsprozesses, der viel älter ist als seine Kandidatur. Er bespielt eine Empörung, die schon seit 40 Jahren wächst. So lange bereits stagniert oder sinkt der Anteil der Arbeitenden am großen US-Kuchen. Ausgerechnet Trump spielt nun den Großkapitalisten, der die Globalisierung des Kapitals stoppen kann, die Jobs aus Mexiko und China reimportiert und auch das Geld „zurück in die USA“ bringt. Welch ein Witz.
Vielleicht aber ist die Donald-Figur auch nur der ultimative Trick, uns Hillary erträglicher zu machen.
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