Scheinwerfer auf den Heuchlern
KOMMENTARvon Hansueli Schöchli 7.9.2016, 06:30 Uhr
Bei den internationalen Regeln zur Steuertransparenz geniessen die USA ein Privileg. Der Bundesrat will nun darauf reagieren.
Wasser predigen und Wein trinken ist ein beliebter Sport – von Menschen ebenso wie von Staaten. Besonders gut darin sind die Mächtigen, denn sie können sich solches Verhalten am ehesten leisten. Die Grossmacht USA demonstriert dies auf verschiedenen Gebieten. In der Schweiz fiel es besonders stark beim Thema Steuertransparenz auf. Die USA fordern vom Ausland eine Unmenge Daten, waren bisher aber nicht bereit, gleich viel zu liefern. So legen sie bei gewissen Firmenstrukturen die Namen der wirtschaftlich Berechtigten nicht offen, was den Status der USA als Hochburg für Schwarzgelder noch gestärkt hat.
Diese Diskrepanz gilt auch für die «gegenseitigen» Fatca-Abkommen, welche die USA anderen Ländern aufgezwungen haben und die die Lieferung von Finanzdaten über Steuerpflichtige regeln. Auch beim OECD-Standard über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkunden (AIA) haben die USA eine Ausnahme bezüglich der Pflicht zur Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten zugestanden erhalten.
Der Bundesrat hatte diesen Frühling in seinem Verordnungsentwurf zum AIA-Gesetz trotzdem die USA als beim AIA «teilnehmenden Staat» bezeichnet. Finanzinstitute werden bei professionell verwalteten Anlagegesellschaften aus AIA-Staaten geringere Sorgfaltspflichten haben. Doch die USA sollen nun aus dem Schweizer Definitionskreis von AIA-Staaten herausfallen, wie das Schweizer Fernsehen meldete und der Bund bestätigte. Deklarierter Grund: Auch wichtige andere Länder betrachteten die USA als Nicht-AIA-Staat, weshalb Schweizer Finanzinstitute in diesem Punkt keine wesentlichen Konkurrenznachteile hätten. Es ist erfreulich, wenn viele Länder das Scheinwerferlicht auf die heuchlerischen USA richten. Die Grossmacht bewegt sich langsam Richtung Steuertransparenz. Doch ob sie bald nur noch Wasser statt Wein trinken wird, ist eine andere Frage.
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