Washington Will Require More in the Future

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Clinton hat das TV-Duell, aber nicht die Wahl für sich entschieden. Sie wäre für Deutschland und die anderen EU-Staaten der bessere Partner. Die US-Politik wird sich ohnehin ändern.

Vorteil Hillary Clinton. So lautet das einhellige Urteil nach dem TV-Duell. Das räumten sogar Anhänger Donald Trumps ein. Sie beeilten sich allerdings auf die beiden folgenden TV-Debatten hinzuweisen. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Clinton mag mit einer soliden Leistung einen unvorbereitet und fahrig wirkenden republikanischen Herausforderer dominiert haben. Doch die Wahl ist bei weitem nicht entschieden. Viel neues gab es nämlich nicht während der 90-minütigen Redeschlacht. Bekannt war, dass Clinton akribisch argumentiert und ihrem politischen Plan folgt und dass Trump eher impulsiv agiert und während des Wahlkampf bereits schlechte Auftritte hinlegte. Bekannt war auch, dass es um Politik gegen Provokation und Lösungsvorschläge gegen Lügen geht. Es bleibt also spannend, wahrscheinlich bis zur Wahl am 8. November.

Doch das Duell zeigte vor allem den vielen Unentschiedenen, mit wem sie es zu tun haben. Und nach der Debatte haben sich viele US-Bürgerinnen und US-Bürger via Internet darüber informiert, wie sie sich zur Wahl anmelden können. Das deuten viele als Hinweis darauf, dass die Wahlbeteiligung steigen wird. Sollten die Nun-Entschlossenen nach dem TV-Duell den Eindruck teilen, dass Clinton die bessere Wahl ist, dürfte die Demokratin ihren Vorsprung in Umfragen wieder ausbauen.

Unterschätzen darf sie ihren Konkurrenten allerdings nicht. Seine republikanischen Konkurrenten haben diesen Fehler gemacht. Viele Beobachter mussten zudem in den vergangenen Monaten mehr als einmal ihr Urteil revidieren, wonach Trump chancenlos ist, wenn er nicht mehr nur die republikanischen Stammwähler für sich gewinnen muss, sondern auch um die Gunst der Unentschiedenen oder gar von Demokraten werben muss.

So sehr noch über den Wahlausgang spekuliert werden wird, so sehr ist jetzt schon klar: Die US-Politik wird sich innen- wie außenpolitisch dramatisch ändern. Beide Kandidaten müssen die Erwartungen ihrer Wählerklientel in politisches Handeln umsetzen. Beide müssen sich vor allem um die erstaunlich große Unzufriedenheit der US-Bürgerinnen und -Bürger kümmern.

So sind beispielsweise die sozialen Verwerfungen größer als lange angenommen. Das heißt nicht, dass alles in den Vereinigten Staaten so schlecht ist, wie es Trump gerne behauptet. Das nicht. Wirtschaftlich geht es durchaus bergauf. Doch haben nicht mehr alle etwas davon. Außerdem fällt es immer mehr Eltern schwer, bei im Schnitt sinkenden Einkommen ihren Kindern eine angemessene aber teure Ausbildung an einer Universität bezahlen zu können. Diese Liste lässt sich fortsetzen. Verkürzt kann man sagen: Joe Sixpack muss bei steigenden Lebenshaltungskosten immer mehr Arbeiten für immer weniger Lohn. Das frustriert viele und lässt noch mehr an dem Versprechen zweifeln, wonach jeder sein Auskommen hat, der sich anstrengt.

Trump hat diese Stimmung wohl am besten für sich nutzen können und will deshalb Amerika wieder groß machen („Make America great again“). Es gibt berechtigte Zweifel, dass er dafür einen Plan hat. Doch greift er eine alte US-amerikanische Strömung auf, die Abschottung zum Ziel hat. Außenpolitisch dürfte das für die weltweite Klimapolitik und multilaterale Beziehungen eher schlecht sein.

Trump wird also die Interessen der US-Bürger stärker als bisher in den Vordergrund stellen. Dafür braucht er Geld. Für die Verteidigungspolitik bedeutet dies beispielsweise, dass er von den europäischen Nato-Partnern ein deutlich größeres Engagement verlangen wird. Er wird Deutschland, Großbritannien und die anderen Verbündeten also dazu zwingen, zusätzliche Milliarden für die Verteidigung auszugeben oder andernfalls mit dem Ende des Nordatlantikpakts drohen.

Clinton hingegen wird die US-Politik fortsetzen, die seit dem Zweiten Weltkrieg den Ausbau internationaler Beziehungen zum Ziel hatte. Sie wird aber auch den Führungsanspruch Washingtons stärker betonen als Amtsinhaber Barack Obama. Besonders für die Beziehungen zwischen den USA und Russland dürften andere Zeiten anbrechen. Clinton wird mehr Druck machen in der Ukraine-Krise und beim Konflikt in Syrien. Und auch sie wird den Nato-Partnern freundlich aber nachdrücklich bitten, endlich ihre Versprechen bei der Verteidigung einzuhalten.

Für Deutschland und die anderen EU-Staaten wäre Clinton zwar die umgänglichere und verlässlichere Partnerin im Weißen Haus als Trump. Doch die Verantwortlichen in Berlin und den anderen Hauptstädten müssen sich darauf vorbereiten, dass Washington künftig mehr verlangen wird – und zwar nicht nur bei der Verteidigung, sondern auch bei wirtschaftlichen Beziehungen. Was das für TTIP heißt, lässt sich nicht eindeutig sagen. Trump will das Abkommen nicht, Clinton hat sich nicht festgelegt. Doch beide müssen ihren Wählern etwas bieten – zur Not auf Kosten anderer.

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