Trump Speaks the Language of the Mafia

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Trump spricht die Sprache der Mafia

Von Mathias Döpfner | Veröffentlicht am 14.05.2017 | Lesedauer: 4 Minuten

Der Tweet des Präsidenten an den Ex-FBI-Chef spricht die Sprache der Camorra. Die Gefahr ist groß, dass wir uns an einen permanenten Staats-Coup gewöhnen. Trump schädigt Amerika in seiner Substanz.

Seit anderthalb Jahren hält Donald Trump die Welt mit Ungeheuerlichkeiten in Atem. Erst glaubte man: So kann er nicht Kandidat werden. Dann war man überzeugt: So kann er nicht Präsident werden. Und schließlich prognostizierte man: So kann er nicht lange Präsident bleiben.

Aber Trump kam, siegte und bleibt. Und immer mehr Bürger und weite Teile der Öffentlichkeit entwickeln eine Erregungserschöpfung.

Beginn der Resignation

Je länger er bleibt, je mehr Ungeheuerliches er sagt und tut, desto abgestumpfter fallen die Reaktionen aus. Es ist ja irgendwann auch peinlich oder zumindest uncool, sich immer wieder aufzuregen. Die Empörten beginnen zu resignieren.

Und der Maßstab für das, was ein Präsident nicht tun darf, für das, was untragbar ist, was den Rücktritt bedeuten müsste, verschiebt sich immer weiter ins Absurde.

Was muss Trump tun, um von einer genügend großen Zahl der Republikaner als Demokratiegefahr und damit als nicht mehr tragbar wahrgenommen zu werden?

Watergate war harmloser

Beruhigungsmantras kursieren: Trump ist nicht Amerika, heißt es. Und vor allem: Die amerikanischen Institutionen sind stärker als ein narzisstisch gestörter Mann. Aber was, wenn nicht?

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Mit der Entlassung des FBI-Chefs James Comey und vor allem mit dem darauffolgenden Droh-Tweet, den Trump an Comey richtete, ist eine neue Dimension tief wurzelnder Rechtsstaatsverachtung erreicht.

Das Ganze erinnere an Watergate, heißt es häufig. Aber Watergate war harmloser. Denn was gerade in Washington passiert, ist ein öffentlich zelebrierter Staats-Coup von oben. Ästhetik und Dramaturgie der Inszenierung erinnern mehr an die Mafia als an Nixon

Handfeste Demokratie-Skandale

Der Präsident der stärksten Demokratie der Welt entlässt einen der obersten Strafverfolger des Landes nach einigen persönlichen Gesprächen ohne erkennbaren Grund. Er gibt damit, um es sehr, sehr zurückhaltend auszudrücken, dem Verdacht Raum, der Rauswurf sei geschehen, weil der Präsident für ihn gefährliche Ermittlungen bezüglich seiner Verstrickungen mit Russland verhindern wolle.

Das an sich ist schon ein handfester Demokratie-Skandal. Dass Trump dann aber via Twitter dem entlassenen Comey unverhohlen droht, ist endgültig jenseits jener Grauzone, in der man noch Verständnis für einen unkonventionellen Regierungsstil haben könnte.

Trump schrieb: „James Comey sollte lieber darauf hoffen, dass es keine Aufzeichnungen unserer Gespräche gibt, bevor er anfängt, Dinge an die Presse durchzustechen.“ Das ist die Sprache der Camorra.

So viele Rücktrittsgründe

Der Vorgang ist, wie so vieles, ein Rücktrittsgrund. Er beschädigt das Ansehen Amerikas nicht nur, sondern er schädigt es in seiner Substanz. Trump wird nicht zurücktreten. Und die Empörungsermüdung führt dazu, dass auch immer weniger Menschen den Rücktritt fordern.

Wir gewöhnen uns daran und riskieren, dass autoritäre Gesten Angst erzeugen und Angst wiederum zu vorauseilendem Gehorsam führt. Was, wenn der Nachfolger Comeys die Untersuchungen von Trumps Russland-Verbindung einstellen wird?

Das machen die Amerikaner nicht? Der Lackmustest wird sein, ob der amerikanische Kongress einen unabhängigen Untersuchungsausschuss einsetzt, um in der Causa Trump und Russland Klarheit zu gewinnen. Dazu braucht es genügend aufrechte Republikaner, die einem solchen Antrag zustimmen, weil sie Patriotismus über Parteiloyalität stellen.

Und die Antiamerikaner schlagen sich auf die Schenkel

Die traurige Pointe ist, dass Trump einstweilen in jedem Fall Putins Interessen dient. In Europa und vor allem in Deutschland gibt es traditionell eine tiefe Seelenverwandtschaft zu Russland und seinen starken Männern, vielen ist das näher als die Amerikaner mit ihrer irgendwie ungemütlichen Freiheitssehnsucht.

Und jetzt schlagen sich die Antiamerikaner fröhlich auf die Schenkel: Da sehen wir es doch, die Amis sind genauso autoritär wie die Russen. Dann doch lieber Putin als Trump.

Jeder, dem Amerika am Herzen liegt, muss in Trump mittlerweile einen Gegner der Werte sehen, für die die Weltleitmacht der Demokratie immer gestanden hat. Wie hat Abraham Lincoln gesagt? „Let us have faith that right makes might.“ Wir wollen darauf vertrauen, dass die Macht aus dem Recht erwächst. Ja, das wollen wir.

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