Why Trump Might Be Right

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Warum Trump richtigliegen könnte

Der US-Präsident liegt mit seinem Handelskrieg komplett falsch. Außer im Fall China. Am Ende könnte er – unbeabsichtigt – genau das Richtige tun.

Das Urteil steht fest: Donald Trump ist nur bedingt zurechnungsfähig. Im Weißen Haus regiert ein Mann, der irrational, impulsiv und ignorant ist. So beschreiben ihn Leute aus seinem engeren Umfeld, die im Enthüllungsbuch “Fear” von Bob Woodward zu Wort kommen. Die Botschaft: Gäbe es nicht einen harten Kern von nüchternen Technokraten im Weißen Haus, Trump hätte die Welt längst ins Desaster gestürzt.

Mag sein. Aber es ist durchaus möglich, dass Trump in der Wirtschaftspolitik am Ende einige Erfolge wird vorweisen können. Obwohl – oder gerade weil – er auf die gängigen Überzeugungen und Verfahrensweisen pfeift. Denkbar, dass er das Falsche will und tatsächlich das Richtige tut. Gewissermaßen als unbeabsichtigte Konsequenz seines Handelns.

Ab Montag treten neue US-Zölle gegen China in Kraft. Es geht um weitere 200 Milliarden Dollar an Importen, die nun mit einer Sondersteuer von zehn Prozent belegt werden. Ende des Jahres soll der Satz auf 25 Prozent steigen, falls es zu keiner weitreichenden Einigung kommt. Die Regierung in Peking reagiert umgehend – mit Zöllen auf US-Importe im Wert von 60 Milliarden Dollar.

Weitere Eskalationsstufen sind nicht ausgeschlossen: Trump droht bereits seit Längerem, sämtliche Einfuhren aus China mit Sonderzöllen zu belegen. Die Vergeltung könnte ein Vorgehen gegen Tochterfirmen von US-Konzernen in China ebenso umfassen wie den Verkauf von US-Dollars aus Pekings gigantischen Devisenreserven.

Bislang jedoch zeigt sich die real existierende Wirtschaft relativ unbeeindruckt. Die Stimmung in US-Unternehmen ist so gut wie seit dem Boomjahr 2000 nicht mehr. Investitionen und Beschäftigung steigen. Die Produktivität zieht an. Die Börsen sind in Feierlaune. Um knapp drei Prozent wird die US-Wirtschaft wohl dieses Jahr wachsen und nur etwas weniger 2019, hat die Industrieländerorganisation OECD gerade prognostiziert.

Mittwoch tagt die Führung von Amerikas Notenbank Federal Reserve. Dass die Gouverneure die Zinsen abermals anheben und weitere Zinsschritte in Aussicht stellen, gilt als sicher – und als Ausweis einer robusten wirtschaftlichen Entwicklung.

Handelskrieg und Hochkonjunktur – wie passt das zusammen? Möglich, dass die USA lediglich einen kurzlebigen Boom erleben, angefacht von Trumps Steuersenkungen und immer noch relativ niedrigen Zinsen der Fed. Möglich, dass der Handelskrieg sich ausweitet und die Spannungen, die sich bereits in einigen Ländern negativ niederschlagen, die Wirtschaft nachhaltig schädigen. Aber es ist zumindest auch denkbar, dass Trump am Ende sogar das Welthandelssystem rettet.

Globalisierung funktioniert, prinzipiell

Um nicht missverstanden zu werden: Grundsätzlich liegt Trump mit seiner protektionistischen Ideologie komplett falsch. Ohne die Globalisierung der vergangenen drei Jahrzehnte hätten die reichen, alternden Volkswirtschaften des Westens wohl bestenfalls wirtschaftliche Stagnation zustande gebracht. Die Öffnung der Absatz-, Kapital- und Arbeitsmärkte brachte etablierten Nationen und Firmen neue Chancen. Eine Rückkehr zum nationalen Schrebergarten hingegen wird nach aller Erfahrung die Produktivität senken – und damit das Wohlstandsniveau insgesamt gefährden.

Gerade die Schwellen- und Entwicklungsländer haben in den vergangenen Jahrzehnten profitiert. Seit 1990 hat sich die Lebenserwartung im weltweiten Schnitt um rund zehn Jahre erhöht. Die Zahl der Hungernden ist deutlich gesunken. In ärmeren Ländern sind Hunderte Millionen Menschen in die Mittelschichten aufgestiegen. Ohne den Austausch von Gütern, Kapital und Wissen wäre das nicht möglich gewesen. Nirgends ist die Globalisierungsdividende höher als in Asien. Auch in Afrika ist das Sozialprodukt pro Kopf vielerorts gestiegen.

Allerdings ist das Welthandelssystem mit seinen Regeln darauf ausgelegt, dass Marktwirtschaften im Prinzip einen fairen Austausch pflegen. Das schließt Streit nicht aus. Für Schlichtungen steht die Welthandelsorganisation WTO mit ihren Schiedsgerichten bereit.

Zombiehafte Staatskonzerne

Deshalb sind die Handelskonflikte, die Trump mit westlichen Marktwirtschaften angezettelt hat, unsinnig und gefährlich. Kanada, die EU oder Japan mit Zöllen zu überziehen und diese Maßnahmen mit Fragen der nationalen Sicherheit zu begründen – außerhalb der WTO -, ist destruktiv, weil dadurch das gesamte Regelwerk ausgehebelt wird.

Mit China aber liegt die Sache anders.

Dass eine dominierende Volkswirtschaft Powerplay mittels staatlicher Lenkung betreibt, wie China das tut, ist im Welthandelssystem nicht vorgesehen.

Zombiehafte Staatskonzerne, eigentlich überschuldet, am Leben gehalten mit billigen Krediten von Staatsbanken, verzerren mit ihren Überkapazitäten den Weltmarkt. Chinas Behörden erschweren ausländischen Unternehmen den Marktzugang. Viele Dienstleistungsbranchen bleiben abgesperrt.

Ausschreibungen für Staatsaufträge, die anderswo international ausgeschrieben werden, gehen in China überwiegend an Staatsfirmen. Den Schutz geistigen Eigentums durchzusetzen, “bleibt eine große Herausforderung”, formuliert die WTO mit diplomatischer Zurückhaltung in ihrem fast 200-seitigen Bericht zur chinesischen Handelspolitik. Know-how-Transfer gehört zum süßsauren Asiengeschäft. Die Wirtschaft klagt seit Langem darüber, auch europäische Verbände und Kammern.

https://www.wto.org/english/tratop_e/tpr_e/s375_e.pdf

Bislang hat alle Kritik aus dem Westen nicht dazu geführt, dass China sich in eine echte Marktwirtschaft verwandelt hätte, die sich an die Regeln hielte. Schon bevor Trump ins Amt kam, war China das Hauptziel von Anti-Dumping-Maßnahmen, nicht nur seitens der USA. Die Pekinger Praxis steht in merkwürdigem Widerspruch zu den wohlklingenden Reden von Offiziellen, zuvörderst von Präsident Xi Jinping, die China zur neuen Schutzmacht der globalen Ordnung stilisieren.

Verhandeln im Mob-Boss-Stil

Und so könnte es sein, dass Trump tatsächlich ein paar substanzielle Fortschritte erzielt. Womöglich funktioniert seine Taktik aus heftigen Drohungen und erratischen Forderungen gegenüber einem Verhandlungspartner wie China gar nicht mal schlecht. Für die Führung in Peking jedenfalls ist er schwer abzusehen, wie weit die USA bereit sind zu gehen. Wie großen Schaden sind sie gewillt, ihrer eigenen Volkswirtschaft zuzufügen? Pekings Strategen könnten Trump weiter entgegenkommen, als bislang vorstellbar ist. Vielleicht schafft Trump mit seinem Mob-Boss-Stil, was seriöse Verhandler bislang nicht erreicht haben.

Dazu müssten seine Fachleute ihn im richtigen Moment dazu bringen, auf den Boden des Welthandelssystems zurückzukehren. Immerhin könnte er dann Chinas Einlenken als großartigen Sieg für die globale Ordnung feiern – samt schicker TV-Inszenierung mit großem Tamtam.

Soweit die Chancen. Allerdings ist Trumps Vorgehen auch mit Risiken verbunden, und die sind beträchtlich.

Protektionismus ist politisch attraktiv

Falls China nicht zurückweicht, kann der Konflikt sehr hässlich werden. Offenkundig macht die US-Seite keine Anstalten, die WTO zu stärken. Im Gegenteil, Trump hat immer wieder klargemacht, die USA würden sich von keiner Weltorganisation etwas vorschreiben lassen.

Welche Ziele Trump eigentlich verfolgt, bleibt unklar. Seine Obsession ist das US-Handelsdefizit. Allerdings wird sein sonstiger wirtschaftspolitischer Kurs – Steuersenkungen in der Hochkonjunktur, was die Fed zu Zinserhöhungen animiert und den Dollar derzeit aufwerten lässt – das Defizit eher weiter steigen lassen. Zölle werden daran wenig ändern.

Wenn Trump wirklich US-Arbeitsplätze wettbewerbsfähiger machen wollte, dann würde seine Regierung massiv investieren: bessere Schulen, billigere Universitäten; überhaupt bessere Infrastruktur für die abgehängten Gegenden des Mittleren Westens und Südens; dazu eine Strategie gegen die Opiatseuche, die gerade in ärmeren Schichten Leben und Existenzen zerstört. Aber all das ist teuer, langwierig, gerade in seiner konservativen Partei unpopulär – und deshalb politisch unattraktiv.

Es wäre sehr überraschend, wenn Trumps Politik am Ende Amerikas Unterprivilegierten nützte, also jenen Leuten, die ihm ins Amt verholfen haben. In der Handelspolitik gegenüber China jedoch könnte es sein, dass er – unbeabsichtigt – gerade das Richtige tut.

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