Im Internet, ohnehin Hort wirrer Theorien, stellen Menschen die These auf, Melania Trump sei durch eine Doppelgängerin ersetzt worden. Was sagt das über die amerikanische Psyche?
Ist sie’s wirklich? Die Nase, die Lippen, das Kinn sehen doch verdächtig anders aus als sonst. Und dann hält sie auch noch die Hand ihres Gatten! Das kann unmöglich Melania Trump sein, schwören Verschwörungstheoretiker Stein und Bein und betreiben im Internet detaillierte Bildexegese, um zu beweisen: Die echte Melania ist längst über alle Berge oder vergräbt sich in innerer Emigration im Weißen Haus; bei offiziellen Terminen mit „realDonaldTrump“ jedenfalls lässt sie sich von „FakeMelania“ vertreten. Zuletzt angeblich bei einem Besuch des Präsidentenpaars im von Tornados verwüsteten Alabama.
Wer das Double sein soll, will man auf Twitter auch herausgefunden haben: Melanias Leibwächterin, die doch definitiv aussehe wie ein bei der Geburt von ihr getrennter Zwilling, bloß ein bisschen kleiner. RealDonaldTrump hat der Fama gerade wieder entschieden widersprochen, doch es wird nichts nützen. Seit die Gerüchte im Herbst 2017 zum ersten Mal auftauchten, stürmen sie immer wieder die Charts der sozialen Netzwerke in Amerika.
Will das amerikanische Ich ein anderer sein?
Man muss das wohl für einen kollektiven Fall von Capgras-Syndrom halten. Von diesem betroffene Menschen fallen dem Wahn anheim, vertraute Personen in ihrem Umfeld seien durch Doppelgänger ersetzt worden. Oder wir haben es mit einer außer Kontrolle geratenen Identifikation von Trump-Kritikern mit dessen Ehefrau zu tun, die sich selbst oder eher Lady Liberty und ganz Amerika in ihr wiedererkennen wollen – der Schönen, die angeblich im Schloss des Biests gefangen ist, ohne recht zu wissen, wie sie in diesen Reality-Grusel-Disneyfilm hineingeraten ist –, Stichwort #FreeMelania. Da der Unhold sich kaum als Märchenprinz entpuppen wird, muss die Star-Wars-Strategie für Prinzessinnen imaginiert werden: das Double.
In der Literatur der Romantik waren Doppelgänger ein beliebtes Motiv, weil in ihnen so herrlich der Zweifel am eigenen irrationalen Ich herumspazieren konnte; das könnte auch heute wieder so sein. Oder will das amerikanische Ich postmodern gewendet im gegenwärtigen Spiegelstadium einfach nur ein anderer sein?
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