Elon Musks Plan, eine Riesenfabrik für Elektroautos bei Berlin zu bauen, düpiert die deutschen Konkurrenten. Doch er ist gut für den Standort Deutschland.
Lange Zeit haben die deutschen Autohersteller über Tesla und seinen Chef Elon Musk gelächelt, der jetzt eine Riesenfabrik bei Berlin plant. Was sollte dieser Emporkömmling – eine schillernde Figur, die immer wieder Züge von Größenwahn zeigt – einer erfolgsverwöhnten Industrie schon anhaben können? Also hat man weiter seine Benziner und Diesel produziert, sich über die satten Gewinne gefreut und keinen Grund gesehen, umzusteuern und die Weichen Richtung Elektromobilität zu stellen. Wenn irgendwann einmal die Geschichte über den großen Umbruch in der Autoindustrie geschrieben werden wird, werden die verpassten Jahre darin ein wichtiges Kapitel sein.
Spätestens seit dem Dieselskandal und den immer schärferen CO₂-Vorgaben der EU, die nötig sind, um die Klimaziele zu erreichen, lacht niemand mehr. Jetzt wird in Deutschland hektisch nachgeholt, was zuvor versäumt worden ist. Elektroautos und Plug-in-Hybride kommen in schneller Folge auf den Markt. VW steuert sogar komplett um und baut seine Zukunft stark auf die Batterieautos. Ob diese Strategie aufgehen wird, kann heute niemand sagen. Klar ist nur, sie kostet Milliarden.
Elon Musk hat mit Tesla zweierlei geschafft: Er hat erstens gezeigt, dass es geht, auch ohne hundert Jahre Erfahrung Elektroautos zu bauen, die funktionieren. Dabei hat Musk auch erkannt, dass es nicht genügt, nur die Autos zu bauen, sondern dass man die Ladeinfrastruktur dazu liefern muss. Während die Fahrer anderer E-Autos bei längeren Fahrten kompliziert planen müssen, wo sie ihr Auto unterwegs aufladen können und dann auch noch darauf hoffen müssen, dass die eingeplante Ladesäule frei ist und auch funktioniert, stehen Tesla-Besitzer lächelnd an ihren Super-Chargern.
Elektromobilität sexy gemacht
Das zweite, was Musk geschafft hat, ist vielleicht das noch größere Kunststück: Er hat die Elektromobilität aus der Ecke der Öko-Pioniere herausgeholt und sexy gemacht. Es gilt bei Leuten mit Geld (denn Teslas sind teuer) als sexy, einen Tesla zu fahren. Mit der Qualität der Autos hat das nur wenig zu tun, denn die ist keineswegs überragend, sondern hinkt dem Standard von Premiumfahrzeugen anderer Hersteller deutlich hinterher. Wie lange das coole Image trägt, ist deshalb auch ungewiss. Denn Geld verdient hat Tesla mit seinen Autos bisher nicht. Und von den Stückzahlen her ist Tesla ein Nischenfabrikant. Es ist deshalb trotz allem Ballyhoo, das Musk zu inszenieren versteht wie kein zweiter, keineswegs sicher, ob der Pionier aus Kalifornien auf Dauer überleben wird, wenn die Welle von E-Autos etablierter europäischer Hersteller oder der Newcomer aus China den Markt flutet.
Dennoch kommt die Ankündigung Musks, bei Berlin seine erste sogenannte Gigafabrik in Europa zu bauen, in der nicht nur Autos, sondern auch die Akkus produziert werden sollen, für die deutsche Konkurrenz zu einem ungünstigen Zeitpunkt, ja sie gleicht förmlich einer Demütigung. Denn während bei den deutschen Herstellern riesige Sparpläne und Stellenstreichungen für Unruhe bei der Belegschaft sorgen, die aber nötig sind, um die gewaltigen Investitionen in die Zukunft stemmen zu können, kommt Musk mit einer neuen Fabrik um die Ecke; und die Politiker in der Region träumen schon von Tausenden neuer Arbeitsplätze.
Dass diese Fabrik ausgerechnet in der Nähe des neuen Berliner Flughafens entstehen soll, einem blamablen Zeugnis deutscher Ingenieurskunst, ist besonders pikant. Wer weiß schon, ob die Gigafactory von Tesla am Ende nicht schneller fertig wird als der Flughafen.
Für den Autostandort Deutschland ist die geplante Tesla-Fabrik trotzdem eine gute Nachricht, nicht nur wegen des alten ökonomischen Grundsatzes, wonach Konkurrenz das Geschäft belebt. Denn bei der Elektromobilität geht es längst nicht mehr darum, wer die besten oder schönsten Autos baut. Die entscheidende Schlacht wird um die Batteriezellen geschlagen. Wer bei der Entwicklung der nächsten Generation von Zellen vorn liegt, wird zu den Siegern gehören. Tesla, das bei der Zellproduktion mit Panasonic zusammenarbeitet, hatte hier einen Vorsprung. Wie groß er ist und ob er überhaupt noch vorhanden ist, ist offen, denn kein Hersteller deckt seine Karten auf.
Die deutschen Autohersteller haben den Aufbau einer eigenen Zellproduktion wegen der immensen Kosten und des großen Vorsprungs der asiatischen Hersteller gescheut und damit den wichtigsten Faktor in der Wertschöpfungskette von Elektroautos aus der Hand gegeben. Rückblickend betrachtet war das ein zentraler Fehler. Es geht dabei weniger um Arbeitsplätze, denn Zellfabriken sind hochautomatisiert. Sondern es wäre darum gegangen, den Innovationsprozess selbst mit zu steuern. Inzwischen sind neue Kooperationen mit asiatischen Herstellern entstanden, auch mit geplanten Werken in Deutschland. Wenn da jetzt auch Tesla dazu kommt, könnte hierzulande ein fruchtbarer Wettbewerb um die Zellen von morgen entstehen, der am Ende allen nutzt.
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