Streiten kann man später
Bernie Sanders gewinnt auch die Vorwahlen in Nevada. Wenn die Demokraten nicht auf ihn setzen, bleibt ihnen nicht mehr viel zu gestalten übrig.
Bernie Sanders hat es geschafft. Auch in Nevada hat der „demokratische Sozialist“, der als Unabhängiger den Bundesstaat Vermont im US-Senat vertritt, die anderen Anwärter*innen auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokrat*innen hinter sich gelassen. Diesmal sogar weit hinter sich.
Auch wenn die endgültigen Ergebnisse am frühen Sonntagmorgen noch auf sich warten lassen, scheint klar: Sanders hat mehr als doppelt so viele Stimmen bekommen wie der zweiplatzierte Ex-Vizepräsident Joe Biden und fast dreimal so viele wie der drittplatzierte Ex-Bürgermeister aus South Bend, Indiana, Pete Buttigieg.
Wenn Sanders es in der kommenden Woche auch noch schafft, in South Carolina, dem ersten der vorwählenden Bundesstaaten mit einer Schwarzen WählerInnenmehrheit, mindestens auf dem zweiten Platz abzuschneiden, geht er als unbestrittener Favorit in den „Super Tuesday“ am 3. März.
Dann wählen 14 Bundesstaaten gleichzeitig, darunter Texas und Kalifornien. Das sind die beiden Staaten, in denen mehr Delegiertenstimmen für den demokratischen Nominierungsparteitag im Juli in Milwaukee vergeben werden als irgendwo sonst.
Spätestens jetzt werden in der Demokratischen Partei allerdings alle möglichen Kräfte mobilisiert werden. Denn: Die einen lehnen Bernie Sanders grundsätzlich politisch ab, weil der ihnen zu links ist – dabei ist Sanders nach europäischen Maßstäben nicht mehr als ein einigermaßen aufrechter Sozialdemokrat. Die anderen glauben immer noch, dass jemand, der sich selbst mit dem jahrzehntelang diabolisierten Begriff „Sozialist“ betitelt, einfach keine Gewinnchance hat.
Das heißt zunächst konkret: Der Druck auf Sanders’ Gegenspieler im „moderaten“ demokratischen Lager, ihre Stimmen nicht länger auf Biden, Buttigieg, Amy Klobuchar, Tom Steyer und demnächst auch noch Michael Bloomberg aufzusplitten, wird massiv steigen. Spätestens nach dem „Super Tuesday“ müssen eigentlich mindestens drei, besser vier von ihnen aus dem Rennen ausscheiden, wenn sie den Kandidaten Sanders noch verhindern wollen.
Aber wer dann übrig bleiben könnte, löst kaum Begeisterung aus. Michael Bloomberg, der Multimilliardär und frühere Bürgermeister von New York, der die vier frühen Vorwahlen ausgelassen hat, sich aber mit Rekordausgaben für Fernsehwerbung steigende Umfragewerte erkauft hat, hat schon jetzt mit diversen Fehltritten aus seiner Vergangenheit zu kämpfen. Und sein extrem schwacher erster Auftritt bei der TV-Debatte vergangene Woche lässt Zweifel daran aufkommen, ob er wirklich der Kandidat ist, dessen „Wählbarkeit“ Trump gefährlich werden könnte.
Buttigieg ist jung, weiß, schwul und eloquent, zeigt aber kaum erkennbares Profil und ist politisch vermutlich doch unerfahrener, als man es als Kandidat fürs Weiße Haus sein darf. Biden wirkt jetzt schon müde. Klobuchar und Steyer sind aus den einstelligen Zustimmungswerten kaum herausgekommen. Und die linke Elizabeth Warren ist für das „moderate Lager“ kaum besser als Sanders.
Der beste Weg, um Trump wirklich die Wiederwahl im November streitig zu machen, wäre ein anderer. Er ist eigentlich offensichtlich: Wenn Sanders nach dem Super Tuesday als Frontrunner mit den meisten Delegiertenstimmen dasteht, sollte die Partei sich hinter ihn stellen. Aufhören, sich gegenseitig zu zerfleischen, alle Kräfte gegen Trump vereinen.
Wenn die Wahl gewonnen wird, kann man sich immer noch zwischen Weißem Haus und Kongress um konkrete Politik streiten. Wenn sie aber verloren wird und Trump sein Zerstörungswerk noch vier Jahre fortsetzen kann, bleibt nicht mehr viel übrig, was dann noch zu gestalten wäre.
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