Biden wird für Deutschland kein bequemer Partner
Der neue US-Präsident dürfte in der Außenpolitik verlässlicher handeln als sein wirrer Vorgänger Trump. Biden wird von den Verbündeten aber auch mehr verlangen. Was hat Deutschland der neuen amerikanischen Regierung anzubieten außer windigen Worten?
Amerika ist wieder da!“, rief Präsident Joe Biden aus. „Die Diplomatie ist wieder da!“ Um gleich darauf in seiner ersten Rede zur Außenpolitik einseitig zu verkünden, die USA würden den Saudis keine Waffen mehr liefern, um den Stellvertreterkrieg gegen den Iran im Jemen fortzusetzen. Wer sich über ein Amerika freut, das sich wieder in die Weltpolitik einbringen will, wie Biden ankündigte, muss wissen: Dieses Amerika wird kein bequemer Partner sein.
Wer genau hinhörte, als Biden die wichtigsten Freunde der USA aufzählte, stellte fest, dass die Europäische Union ebenso fehlte wie Israel. Und dass bei der Aufzählung der wichtigsten Herausforderungen seiner Regierung der Iran ebenso fehlte wie der islamistische Terror. Da man bei Biden anders als bei seinem erratischen Vorgänger jedes Wort auf die Goldwaage legen kann, sind das bedeutende Hinweise. Die Europäer werden sich wohl selbst um ihre Nachbarschaft kümmern müssen.
Als Köder für die Deutschen – auf Platz vier der wichtigsten Verbündeten der USA hinter Kanada, Mexiko und Großbritannien – kündigte Biden an, vorerst den Truppenabzug aus Deutschland zu stoppen. Gut. Die amerikanische Präsenz unterstreicht die Bereitschaft der USA, Westeuropa im Fall eines russischen Angriffs militärisch beizustehen. Biden wird für diese Vorleistung eine Gegenleistung verlangen.
Gegen Russland fand Biden nämlich, anders als sein Vorgänger, deutliche Worte. China nannte er einen „globalen Rivalen“. Russland aber einen Gegner der Demokratie. Dass die EU auf deutsches Drängen hin ohne Konsultationen mit Biden gleich nach seiner Wahl ein Investitionsabkommen mit China abschloss, hat Biden ebenso wenig vergessen wie die Tatsache, dass Deutschland am Bau der Pipeline Nord Stream 2 festhält, die Europas Abhängigkeit von russischem Gas festschreibt.
Bidens Hinweis auf den Marshallplan, der Westeuropa nach dem von Deutschland angezettelten Zweiten Weltkrieg rettete, muss man als Antwort auf Außenminister Heiko Maas verstehen, der in einem Anflug von Größenwahn nach dem Sturm auf das Kapitol den USA einen gemeinsamen „Marshallplan für die Demokratie“ anbot. Maas, der vor zwei Jahren unter großem Trara eine antitrumpistische „Allianz für den Multilateralismus“ aus der Taufe hob, wird sich fragen müssen, was die Bundesregierung zum „Gipfel für die Demokratie“ mitbringt, den Biden als Gegenveranstaltung einberufen will.
Biden hat recht. Die Diplomatie ist wieder da. Das bedeutet: geben und nehmen. Was hat Deutschland der neuen US-Regierung anzubieten außer windigen Worten?
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