A Senseless War

Published in Süddeutsche Zeitung
(Germany) on 14 April 2021
by Tobias Matern (link to originallink to original)
Translated from by Michael Stehle. Edited by Gillian Palmer.
U.S. President Biden announces the withdrawal of the United States from Afghanistan by Sept. 11. Following this, the Taliban will return to power — and women and girls will suffer most of all.

If one starts a war, at least two things are necessary. First, a good reason is needed because many people die and suffer in wars, which also cost a lot of money. Second, a good plan is necessary for how this situation is supposed to end. The United States had a good reason and a mandate legitimized by international law when it invaded Afghanistan with its allies after the 9/11 attacks. What the United States has lacked thus far: a plan. And so this war, which President Joe Biden will symbolically end on Sept. 11, 2021, will go down in history as a senseless operation that cost many people their lives and devoured billions of dollars.

The war was considered senseless from the beginning primarily because the withdrawal will bring about the status quo and return Afghanistan to the political situation it was in before. The Taliban will return to leadership of the country, perhaps somewhat tamed into a unity government. In a more realistic scenario they will attempt to seize total power. Who else would stop them? This prospect is a disaster for the United States and its allies in Berlin, London and Paris, and it is a disaster for the Afghans, who have relied on the West’s promise not to leave their country again until stable relations prevail.

Had Bush Offered the Islamists Peace, the Country Would Be Better Off

After the U.S. intervention in Afghanistan, the Taliban were driven out of Kabul within a few weeks. Had then-president George W. Bush generously made the weakened Islamists an offer of peace, the country would be better off today. And if only a fraction of the billions of dollars that flowed into the military part of the operation in the past 20 years had benefited Afghanistan’s long-term economic development, the country would be able to prosper at least at a low level today.

But that is not the case, even if the West rightly points to the millions of children who can now go to school. However, most of them have no prospects of jobs or a life in safety. The Taliban’s return to power is a threatening scenario for Afghanistan’s girls and women most of all. They still participate in public life, but they must expect that their freedoms will be further restricted. Activists are already reporting that they would be on the Islamists’ death lists.

Western Hubris Is Primarily To Blame

Without peace everything is nothing, Willy Brandt once said, and peace does not prevail in Afghanistan. That’s primarily due to western hubris. When the Bush administration wanted vengeance as quickly as possible after 9/11, the allies engaged in a veritable “beauty contest.” They wanted the Americans to like them: “The decision to go to Afghanistan had 0% to do with Afghanistan and 100% with the United States. If Osama bin Laden had hidden himself on the islands of Fiji, we would have followed them there.” These are not the words of a pacifistic government critic, but rather retrospective sentences from the then foreign policy advisor of Chancellor Gerhard Schröder. For too long there was no plan for this operation besides wanting to be a good alliance partner.

However, the crudest errors were made by the United States. Bush absolutely wanted a central government in Kabul, which ran counter to the country’s ethnic structure and tribal traditions. A common approach by the allies was also lacking for all of Afghanistan. The Afghan reality, characterized by many shades of gray, was preferred to be divided up into good (the government in Kabul) and evil (the Taliban) in the sense of complexity reduction, until it was realized that even the government had dark spots. And each regional force preferred to make deals in their territories with the warlords instead of ousting these anti-democratic princes.

Trump Let Himself Be Outmaneuvered

In his presidency, Barack Obama made the mistake of scheduling the end of combat operations when the enemy was militarily equal. From there on the Taliban knew: We don’t have to win this war, just wait it out. And successor Donald Trump let himself be diplomatically outmaneuvered by the Islamists. His negotiators agreed with the Taliban for the United States to completely withdraw, before an intra-Afghan peace settlement was even on the agenda. And thus the Islamists now firmly refuse any concessions to the Afghan government at the negotiating table.

In the end, Biden, commander-in-chief number four in the Afghanistan war, can’t muster the strength to correct this mistake through tough diplomacy flanked by the military. The longest U.S. military operation in history ends; the war in Afghanistan continues.


US-Präsident Biden kündigt den Abzug der USA aus Afghanistan bis zum 11. September an. Danach werden die Taliban an die Macht zurückkehren - und leiden werden vor allem Frauen und Mädchen.

Wer einen Krieg beginnt, benötigt mindestens zwei Dinge. Gebraucht wird erstens ein guter Grund, weil in Kriegen viele Menschen sterben und leiden, weil Kriege außerdem viel Geld kosten - und zweitens ist ein guter Plan nötig, wie dieser Ausnahmezustand enden soll. Die USA hatten einen guten Grund und ein völkerrechtlich legitimiertes Mandat, als sie nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit ihren Verbündeten in Afghanistan einmarschiert sind. Was den USA bis heute fehlt: ein Plan. Und so geht dieser Krieg, den Präsident Joe Biden symbolträchtig am 11. September 2021 beenden wird, als sinnloser Einsatz in die Geschichte ein, der viele Menschen das Leben gekostet und Milliardensummen verschlungen hat.

Sinnlos war der Krieg vom Ende her gedacht vor allem deshalb, weil der Abzug den Status quo ante herbeiführen und Afghanistan in die politische Situation versetzen wird, in der das Land zuvor war. Die Taliban kehren in die Führung des Landes zurück, ein wenig gezähmt in eine Einheitsregierung vielleicht. In der realistischeren Variante werden sie den Griff nach der ganzen Macht wagen. Wer sollte sie noch daran hindern? Diese Perspektive ist ein Desaster für die USA und ihre Verbündeten in Berlin, London und Paris, und sie ist ein Desaster für die Afghaninnen und Afghanen, die sich auf das Versprechen des Westens verlassen haben, ihr Land erst wieder zu verlassen, wenn stabile Verhältnisse herrschen.

Hätte Bush den Islamisten Frieden angeboten - das Land stünde besser da

Nach der US-Intervention in Afghanistan waren die Taliban binnen weniger Wochen aus Kabul vertrieben. Hätte der damalige Präsident George W. Bush großmütig den geschwächten Islamisten ein Friedensangebot gemacht - das Land stünde heute besser da. Und wenn nur ein Bruchteil der Milliardensummen, die in den vergangenen 20 Jahren in den militärischen Teil des Einsatzes geflossen sind, dem nachhaltigen wirtschaftlichen Aufbau Afghanistans zugutegekommen wären, könnte das Land heute zumindest auf niedrigem Niveau prosperieren.

Aber das ist nicht der Fall, auch wenn der Westen zu Recht auf die Millionen Kinder verweist, die jetzt zur Schule gehen können. Die meisten von ihnen haben aber keine Perspektive auf Jobs und ein Leben in Sicherheit. Die Rückkehr der Taliban an die Macht ist vor allem für die Mädchen und Frauen Afghanistans ein bedrohliches Szenario. Noch nehmen sie am öffentlichen Leben teil, aber sie müssen damit rechnen, dass ihre Freiheiten weiter eingeschränkt werden. Schon jetzt berichten Aktivistinnen, sie stünden auf Todeslisten der Islamisten.

Schuld ist vor allem die westliche Hybris

Ohne Frieden ist alles nichts, hat Willy Brandt einmal gesagt, und Frieden herrscht in Afghanistan nicht. Das liegt vor allem an der westlichen Hybris. Als die Bush-Regierung nach 9/11 so schnell wie möglich Rache nehmen wollte, lieferten sich die Verbündeten eine regelrechte "Schönheitskonkurrenz". Sie wollten den Amerikanern gefallen: "Die Entscheidung, nach Afghanistan zu gehen, hatte null Prozent mit Afghanistan zu tun und 100 Prozent mit den USA. Wenn Bin Laden sich auf den Fidschi-Inseln versteckt hätte, wären wir dahin mitgegangen." Das sind nicht die Worte eines pazifistischen Regierungskritikers, sondern rückblickende Sätze des damaligen außenpolitischen Beraters von Kanzler Gerhard Schröder. Es gab zu lange kein Konzept für diesen Einsatz, außer dass man ein guter Bündnispartner sein wollte.

Die gröbsten Fehler haben jedoch die USA gemacht. Bush wollte unbedingt eine Zentralregierung in Kabul, die der ethnischen Struktur und den Stammestraditionen des Landes entgegensteht. Auch fehlte ein gemeinsamer Ansatz der Alliierten für ganz Afghanistan. Die durch viele Grauschattierungen gekennzeichnete afghanische Realität wurde im Sinne der Komplexitätsreduktion lieber eingeteilt in die Guten (Regierung in Kabul) und die Bösen (die Taliban), bis man merkte, dass selbst die Regierung dunkle Flecken aufweist. Und jede Teilstreitmacht schloss in ihren Gebieten lieber Deals mit den Warlords, statt diese antidemokratischen Fürsten zu entmachten.

Trump ließ sich ausmanövrieren

Barack Obama machte in seiner Präsidentschaft den Fehler, das Ende des Kampfeinsatzes zu terminieren, als der Gegner militärisch ebenbürtig war. Von da an wussten die Taliban: Wir müssen diesen Krieg nicht gewinnen, nur aussitzen. Und Nachfolger Donald Trump ließ sich von den Islamisten diplomatisch ausmanövrieren. Seine Verhandler vereinbarten mit den Taliban, dass die USA vollständig abziehen - bevor eine innerafghanische Friedenslösung auch nur auf der Tagesordnung stand. Und so verweigern die Islamisten der afghanischen Regierung nun am Verhandlungstisch konsequent jedes Zugeständnis.

Joe Biden schließlich, Oberbefehlshaber Nummer vier im Afghanistan-Krieg, bringt nicht mehr die Kraft auf, diese Fehler über militärisch flankierte, harte Diplomatie zu korrigieren. Der längste US-Kriegseinsatz der Geschichte endet, der Krieg in Afghanistan dauert an.
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