Biden Ends US Appeasement Policy toward Erdogan

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Biden beendet die US-Appeasement-Politik gegenüber Erdogan

US-Präsident Joe Biden stuft das Massaker an den Armeniern als Völkermord ein – und nimmt in Kauf, dass sich das Verhältnis zu Erdogan erheblich abkühlen dürfte. Die Welt muss sich daran gewöhnen: Das Weiße Haus nennt die Dinge künftig beim Namen.

Mit der Einstufung der Massaker an den Armeniern als Völkermord handeln die USA gleich mehrfach beachtenswert konsequent. Erstens folgt Joe Biden damit seinem eigenen Versprechen als Präsidentschaftskandidat von vor einem Jahr. Zweitens vollzieht er nach, was der Kongress bereits im Jahre 2019 getan hatte: Schon damals erklärten beide Kammern die Gräueltaten zum Genozid – und dies gar in ungewohntem Konsens (nur ein Dutzend Republikaner stimmte dagegen). Drittens folgen die USA dem Beispiel anderer politisch aufgeklärter Staaten, unter ihnen Deutschland, die die Ermordung der rund 1,5 Millionen Armenier durch das Osmanische Reich bereits als Völkermord eingestuft haben.

Bidens Worte brechen, wie schon zuvor im Umgang mit Russland und Saudi-Arabien, mit der seltsamen Zuneigung seines Vorgängers zu Autokraten diverser Länder. Donald Trump hatte Recep Tayyip Erdogan stets umgarnt („Ich bin ein großer Fan des Präsidenten“). Joe Biden hingegen riskiert mit seinem Klartext zum Völkermord an den Armeniern eine weitere Abkühlung des amerikanisch-türkischen Verhältnisses. Man darf gespannt sein, wie sich die beiden Präsidenten auf dem Nato-Gipfel im Juni in Brüssel begegnen werden.

Das Weiße Haus folgt der Einsicht, wonach Politik mit der Betrachtung der Wirklichkeit beginnt. Es sieht in der Vergiftung Alexej Nawalnys eine Vergiftung. Es bezeichnet Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren als Völkermord (so wie Trumps Außenminister am vorletzten Tag seiner Amtszeit).

Mit seiner Erklärung zum Völkermord an den Armeniern beendet Biden zudem ein würdeloses Lavieren Washingtons. Bill Clinton verhinderte einst, um die Türkei nicht zu verprellen, eine Völkermorderklärung durch den Kongress. Barack Obama brach sein Wahlkampfversprechen, den Völkermord als solchen zu benennen. Clinton, George W. Bush und Obama forderten von der EU die Aufnahme der Türkei als Vollmitglied, erfreulicherweise erfolglos. An Appeasement gegenüber Ankara haben es die letzten US-Präsidenten selten mangeln lassen. Das scheint sich jetzt zu ändern.

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